Sexlibris
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Fee | Mai 2011
Sein ganzer Stolz
von Martina Bracke

Ich weiß gar nicht, warum Sie sich so aufregen. Der Mensch ist nunmal Jäger und Sammler. Und ich bin ein Mensch. Also entspreche ich nur meinen festgelegten Verhaltensmustern.
…
Ach, es ist gar nicht verwerflich, dass ich jage und sammle? So. Sie stört nur das Objekt meiner Begierde. Weil man sie nicht essen kann? Obwohl, wer weiß, vielleicht schmecken sie ja. Ist allerdings nicht viel dran. Das muss ich zugeben.
…
Nein, ich höre nicht auf. Allmählich beginnt es, mir Spaß zu machen.
…
Na, Ihnen von meiner Passion zu erzählen. Die macht mir ja schon seit Jahren Spaß. Leider pflanzen sie sich nicht fort. Das wäre noch die Krönung. Aber sie sterben auch nicht. Das ist ein Vorteil.
…
NatĂĽrlich fĂĽttere ich sie. Das verursacht kaum Kosten. Sie fressen ja fast nichts.
…
Ob ich mich mit ihnen unterhalte? Bei Ihnen ist noch alles in Ordnung, oder? Na, na, jetzt sind Sie wieder so rot im Gesicht. Sie müssen auf Ihren Blutdruck achten. Die Dinger sprechen nicht, Gott bewahre. Sie singen auch nicht. Eigentlich machen sie nur ein Geräusch, wenn sie ihre Flügel bewegen. Aber da muss ich schon genau hinhören.
…
Wegen der Optik, ich sammle sie wegen ihres Aussehens. Sie schillern so schön, und jedes Ding ist anders. Ich habe sehr viele Grünschattierungen, aber auch rosa, blau, auch gemischt. Das sind die Highlights meiner Sammlung.
…
Ja, erst wollte ich sie auch aufspießen, so wie die Schmetterlinge. Aber sie bewegen sich so schön. Viel – klingt vielleicht blöd – gefälliger. Da habe ich die ersten leben lassen. Und, wie gesagt, sie sterben irgendwie auch nicht. Da hat man was von.
…
Das Terrarium kostet natürlich. Man muss schon investieren. Sehen Sie mal, ich habe ihnen sogar eine kleine Landschaft gebaut – mit Teich, Hügeln und Bonsais. Manchmal verstecken sich die Biester in den Zweigen, aber da rüttle ich sie schon raus.
…
Nee, sie haben nur vier Beine.
…
Sie fantasieren sich da was zusammen. Das sind doch keine Arme. Die Vorderbeine sind eben etwas kĂĽrzer als die Hinterbeine.
…
Wenn die Wünsche erfüllen könnten, wäre ich schon Millionär! Welch ein Unsinn! Erzählen Sie mir doch keine Märchen! Das sind Insekten. Punkt. Sie sehen putzig aus, sie können fliegen. Sonst können sie nichts.
…
Ach was, wieso sollte die Erde ärmer ohne sie sein? Es gibt noch genug, Sie müssen sich nur geduldig auf die Lauer legen, dann erwischen Sie sie. Erst gestern habe ich ein Exemplar gefunden, ein wirkliches Prachtexemplar. Größer als die anderen, schillernd in allen Regenbogenfarben. Ich hab's erst einmal isoliert. Wer weiß, ob die sich vertragen.
…
Das Letzte? Dann hätte ich jetzt eine komplette Sammlung? Geil!
...
Hören Sie doch auf zu stöhnen. Sind Sie so ein Umweltaktivist?
…
Wie? Hermann van Feen? Wie albern ist das denn?
…
Was machen Sie denn da? Gehen Sie von dem Terrarium weg. Ich lade Sie in mein Haus ein, weil ich denke, Sie interessieren sich für mein Hobby – Hände weg! Ich rufe die Polizei! Hilfe! Nein! Weg, geht weg!

Die erlösten Feen umschwirrten den Sammler wie ein ganzes Bienenvolk, piekten ihn mit ihren winzigen Feenstäben, wie einst die Liliputaner Gulliver zwackten, und ließen ihn am Ende von Hermann van Feen ins Terrarium verfrachten, gut verschlossen versteht sich. In ihrem Freudentaumel umtanzten sie das Licht der Kellerlampe und alle Winkel glitzerten, wie von einer Discokugel erhellt. Jede einzelne hauchte ihrem Retter Hermann einen winzigen Kuss auf die Wange und entschwand in die Heimat der Wiesen und Felder, froh, der Menschheit entkommen zu sein.

Jetzt haben die Menschen keine drei Wünsche mehr frei und können sie auch fast nie mehr sehen. Da müsste schon eine ganz unvorsichtig sein. Und Hermann achtet auf sie.

Dieser Mensch aber, er wird gut gefüttert. Es geht das Gerücht, er könne sprechen, aber das ist nur ein Märchen ...

© mb2011

Letzte Aktualisierung: 18.05.2011 - 19.51 Uhr
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