Diese Seite jetzt drucken!

Fee | Mai 2011

Die Drei für Flaschentrödel
von Jens Ritter

Es begann wie immer, denn es war einmal. Genau genommen waren es drei, in Geschlecht und mit Tragetasche gleich bestückt, in Größe, Volumen, Outfit variabel und mit ein und demselben Ziel: die leeren Flaschen. Flaschentrödel, wie man es nannte in gehobenen Sammlerkreisen, in der Szene, mit der sie sich verbunden fühlten. Alle drei waren miteinander bekannt, nicht verwandt der Eine mit dem Anderen und doch über viele Jahre ein eingespieltes Team. Der Erste kräftig, stark gebaut, von heldenhafter Figur, konnte einiges wegtragen. Der Zweite schlank und lang, behielt den Überblick, auch dank einer Brille, welche seine Nase zierte. Als Dritter, vereint im Heldenbund, war da noch der Kleine, Flinke, wohl etwas Gemeine, der es zudem noch faustdick hinter den Ohren hatte. So waren sie zu dritt tagtäglich unterwegs, von früh am Morgen bis Abends spät und immer auf der Suche.
Jedem ist wohl klar, dass unsere Helden die leeren Flaschen nicht nach Hause brachten, um sie in irgendwelche Ecken zu verfrachten. Immer, wenn die Beutel voll waren, fast über den Rand gefüllt, ging es schnurstracks ins nächste Einkaufsland, zum Umtausch, in das erwünschte Flaschenpfand. Das brachte nicht viel ein, vergessen wir den Stundenlohn, der Aufwand, die Zeit, das ist alles reinster Hohn. Der Umtauschkurs war eine Schande. Mehr brachte Flaschentrödel einfach nicht zustande. Die drei waren oft nicht zufrieden mit der Summe, das konnte doch nicht wirklich alles sein. Auch Ihr wärt damit nicht zufrieden, mit dem Ganzen.
Zum Glück kam es, es war gerade Mai, an einem Dienstag, etwas anders. Die Tragetaschen gut gefüllt, mit jeder Menge Flaschentrödel, waren unsere drei auf dem Weg zur Polizei. Was erzähl ich da? Mehr Konzentration!
Sie waren auf dem Weg ins nächste Einkaufsland, jeder links und rechts einen Beutel in der Hand. So traf es sich, trafen sie, auf eine Fee, an einem kleinen Stand für Tee. Dort konnte man, ohne etwas dafür zu löhnen, sich probeweise damit verwöhnen. Es war nicht offensichtlich, dass sie im Besitz von Zauberkräften war. Auf ihrem Namensschild stand nicht einfach „Fee“, nein, sie war erstmal nur eine Frau mit Tee. Nicht unweit dieser Fee mit Tee befand sich, ihr habt es bestimmt schon erraten, das Ziel der drei, die Flaschenautomaten. Eine Flasche nach der anderen verschwand in ihrem Schlund, aber nicht Zauberei, nur Technik war der Grund. Am Ende kam ein Bon heraus, auf dem sich fein säuberlich alles zusammenaddiert.
Aber so war es bisher gewesen. Diesmal schien überhaupt nichts zu gehen. Die erste Flasche blieb einfach im Automaten stehen, machte keine Anstalten zu verschwinden, zum Missfallen für unsere drei. Der Lange meinte nur: „So ne Sauerei!“ Das Missfallen gelangte an das Feenohr und sie kam recht flink und lächelnd hinter ihrem Stand hervor.
„Meine Herren! Was kann ich für Sie tun?“
Der Kleine begann zu erläutern: „S´ Ding will nisch so, wies soll!“
„Jädds sammeln mihr dänn ganzen Dahch un nu spinnt door Griebl“, gab noch der Lange zu Protokoll.
„ Sie waren sehr fleißig, meine Herren, und dafür gebührt Ihnen nun ein rechter Lohn.“
Und mit diesen Worten und zum Erstaunen für die drei, verschwanden auf einmal die erste Flasche, dann die zweite und dann der Rest im Schlund, diesmal wohl mit Zauberei. Am Ende kam wie gewohnt ein Bon heraus, doch dem wollten die drei diesmal nicht recht trauen, denn was sie darauf lasen, war viel mehr als sonst. Da mussten sie dreimal hinschauen. Sie wandten sich der Fee wieder zu, doch die war verschwunden, samt ihrem Tee, ohne sich irgendwie verabschiedet zu haben. Erst jetzt wurde ihnen wirklich klar, dass dies wohl ihre Glücksfee war.
Es war die einzige Begegnung, die unsere drei mit dieser Fee je hatten, aber es war nicht die letzte mit dem Tee. Denn den tranken sie jetzt öfters. Es schien ein irres Glücksgefühl darin zu sein, aber darüber will ich hier nicht zu viel verraten. Am besten fragt ihr da lieber selbst die drei. Vielleicht trefft ihr sie am Flaschenautomaten.

Letzte Aktualisierung: 25.05.2011 - 14.55 Uhr
Dieser Text enthält 4044 Zeichen.


www.schreib-lust.de