Diese Seite jetzt drucken!

Pulp Fiction | Dezember 2011

Kasalla
von Asla Kant

Olga rauft sich ihr schmieriges Kunsthaupthaar, bis eine kremige Substanz unter ihrem Fiffi hervorquillt, die sich unter den gegebenen Umständen als Gleitmittel, aber auch als Schutzfilm auf Stirn und Schläfen erweist. Nebenbei bestückt sie das brodelnde Altfett ihrer Fritteusen-Batterie mit angetauten Kartoffelstiften. Denn, wie jedes Wochenende um halb acht am Rande des östlichen Ruhrgebietes, füttert sie den Hunger nach Liebe in Deutschland. Nicht das Land ist kalt, sondern der Mensch und im schlimmsten Fall wandert diese Kälte von einem Kopf zum nächsten, alles in Gottes Händen, pflegt Olga stets zu sagen.

***

Währenddessen verkrampft sich rund 1900 Kilometer entfernt das ansonsten angenehm unverkrampfte rumänisch-orthodoxe Frauenkonvent unter verbalen Fäkalsalven. Eine Ansprache, welche aus dem Klostergarten in die Kirche eindringt und auch den stimmgewaltigen Chor übertönt. Die Äbtissin erhebt sich. Sie verzieht keine Miene und verlässt die Abendmesse.

***

Just-in-time lacht der Wahnsinn aus dem Gesicht eines Mannes, dem das Jenseits seiner sechzig Lebensjahre nichts anzuhaben scheint. Alka alias Don Levitra, Ex-Söldner und Nestbeschmutzer aus Leidenschaft, zelebriert seinen Ruhestand in Deutschland. Er fraternisiert mit allem, was ihm den Arsch pudert. Doch in dieser Nacht verzichtet er auf die Inszenierung eines bemitleidenswerten, aber stinkreichen Schwerenöters mit Behinderung, der sich von seiner Lieblingsrektalmade über die Fleischmeile Hamburgs schieben lässt.

***

In Moldovita hingegen ist sich die Äbtissin sicher, wer ihr im Klostergarten gegenüber steht. Diese hasserfüllten Augen hat sie nicht vergessen können. Ihre Vermutung bestätigt sich, als die junge Frau mit folgenden Worten und ohne zu zögern unten herum blank zieht: „Nicht deine erste verbrannte und tätowierte Spalte, ich scheiß auf dein Mitleid …“ Die ehrwürdige Mutter schlägt ihre Hände über dem Kopf zusammen. „Um Himmels Willen! Ich habe dich bereits an deiner Stimme wiedererkannt. Du bist Bora, die Tänzerin. Gott sei Dank, du lebst!“ Das zarte Geschöpf, dessen Härte niemand auf den ersten Blick vermuten würde, versinkt in den Armen der stattlichen Ordensfrau und mit einem beherzten Handgriff sitzt die Hose schnell wieder da, wo sie hingehört. „Komm, die Kantorin weiß Rat.“

***

Zweieinhalb Stunden später zuckt Olga nur einmal, als das Handy in ihrer Hosentasche vibriert. „Vier Lappen Holzfäller, geht klar“, wiederholt sie und merkt nicht, wie sich der Stirn- und Schläfenschutzschmalz mit reichlich wasserfester Wimperntusche vereinigt und der Plastikhaarlappen ganz sanft von ihrem Schädel gleitet.

***

Unterdessen erwacht Herr Máslo auf seiner Lieblingsbank am Ufer der Außenalster. Etwas sehr Angenehmes befindet sich zwischen ihm und einem Pappe-Zeitungs-Berg. „Bürste?“, flüstert der vom Leben unter freiem Himmel gezeichnete Deutsch-Tscheche. „Wer liebt dich sonst, Bärchen?“, antwortet eine vergleichsweise junge Frau, die sich wie Herr Máslo dem Exil im Untergrund verschrieben hat. Hocherfreut registrieren beide, wie sich das, was sonst eher leblos vor sich hinvegetiert, zwischen ihren Beinen aufbäumt. Doch die Freude vergeht in einem Kugelhagel beißender Geruchsmoleküle. „Du stinkst erbärmlich! Kannst du mir mal verraten, warum du dich nicht wenigsten einmal in der Woche wäschst, wofür arrangiere ich das?“
„Ich trau dem Türken nicht. Außerdem hab ich das sehr gern, wenn du das machst“, antwortet Herr Máslo.
„Na dann hoch mit dir, du alter Knochen.“ Bürstegutmenschin ruft ein Taxi und hilft Máslogutmensch in den Stand.

***

Die Verbindung zwischen Rumänien und Deutschland steht binnen Sekunden. Auf dem Bildschirm im Büro des Klosters erscheint das verpickelte Gesicht einer Küchenhilfe. Sie hechelt leise und dynamisch mit geschlossenen Augen, bis sie ein akustisches Signal aufschreckt, welches einer Planierraupe gleichkommt. „Oh, Scheiße-Mist, bin ich online, du bestellen was?“, kreischt sie in ein Mikro. Für die Kantorin ist es ein Leichtes, den Olgakochstudiosound stimmlich zu überbieten. „Wer bisse denn?“, erwidert die Beikoch-Aknefee genervt. „Jemand, der dir gleich jeden Pickel einzeln mit einer Rohrzange ausquetscht!“ Daraufhin schwärzt sich der Bildschirm. Nur einen Atemzug später hustet Olga ins Mikrophon. Eine 400%-Kloster-Zoom-Einstellung prüft die Augen auf das Härteste. „Du siehst schlecht aus, Schwester“, grüßt die Kantorin. Olga senkt ihren Blick und bekreuzigt sich.

***

Don Levitra protzt derweil im Hafenviertel. Seine Hände graben sich in den fleischfarbenen Ledersitz seines Ludenvehikels, als er sieht, was sich von den Landungsbrücken in Richtung Fahrbahn bewegt: Punklady Monsterbürste in Begleitung. Ihre Hüften schwingen sich in seinen Hypothalamus. Dieses kleine Luder hatte ihn mehrfach abgewiesen, obwohl er sie fürstlich bezahlen und sehr gerne weiterreichen wollte. Levitra reduziert zwar die Geschwindigkeit, hält aber nicht an und treibt die beiden wie Schlachtvieh vor sich her, bis der alte Mann stolpert und fällt. Ein Fenster der Ludenkutsche fährt herunter: „Steig ein, Fickarsch!“ Aber die Lady holt aus. Ihre Kampfstiefel zerschmettern mit voller Wucht den Außenspiegel. „Selbst meine Scheiße ist zu schade für dich, mach dich vom Acker“, entgegnet sie noch, bevor sie sich liebevoll dem Gestrauchelten zuwendet. Genau das bringt Don Levitra in Stimmung. Er steigt aus und schlägt die Kleine ohne Vorwarnung mit einer Faust aus den Stiefeln. Damit nicht genug, begrabscht er die bewusstlos auf dem Boden liegende Frau und versucht, sie in sein Auto zu zerren, was wiederum einen Schalter bei Herrn Máslo umlegt. Eine Klinge schießt aus seinem Ärmel, doch Levitra fängt sie ab, bevor sie trifft. „Netter Versuch, Faltenarsch …“

***

„Wo ist Alka?“
Bora schiebt die Kantorin beiseite und sprüht ihren Hass in die Webcam. „Ah, du bist also Levitras Tanzmaus. Der Bastard hat dich abgerichtet und angezündet, nicht wahr? Bei mir hat er es auch versucht, guck mal hier …“ Olga fasst sich an die kahle Stelle und schluckt. „Du hast es frittiert und gegessen“, stellt die Kantorin fest. Olga winkt ab und formuliert ihre Bedingungen: „Die, die mit dem Wichser tanzt, soll ihre flambierten Areale freilegen, ich sehe nämlich nix, von wegen superrote Kaltwelle, und du schickst mir eine vierwöchige Vertretung und zwar auf der Stelle!“ Während die Kantorin nickend zustimmt, entfernt Bora ihre künstlichen Locken. Die Hose fällt ein zweites Mal und Olga erstarrt, als sie den Kopf und die ebenso deformierte Vagina der jungen Frau zu Gesicht bekommt. „Hamburg“, ist noch so eben zu hören, als die Verbindung abbricht.

***

Gegen Mitternacht ist die Ludenattacke vergessen. Herr Máslo und Lady Bürste verlassen wie beseelt das türkische Bad und schlendern Hand in Hand Richtung Hafen. „Bärchen, wenn du dich dreimal in der Woche von mir waschen lässt und ich ab und zu mit dem Türken, na ja, du weißt schon, dann heirate ich dich …“

***

In unmittelbarer Nähe der beiden Liebenden, im Dunstkreis einer abgedunkelten Suite, verschwindet eine Linie Koks nach der anderen in gierigen Löchern. Nebenbei fordert und fördert der Don die oralen Fähigkeiten eines Angestellten, was wenig Zeit in Anspruch nimmt und trotz Schluckens keinen nachhaltigen Effekt erzielt. Er deutet ein Gähnen an, als eine nackte Schönheit aus dem Bad stolziert. „Soll ich ihn in den Mund nehmen?“, fragt sie und streicht mit einem Finger über den Rand einer leeren Champagnerflasche. „Lasse-Zahnlos hat das zu meiner Zufriedenheit erledigt, du leckst die Reste ab. Danach pinkelst du in diese Flasche, ohne zu kleckern.“
„Sieh mal an, und wenn doch, was dann?“, erwidert sie und lacht zu allem Überfluss ohne Unterlass. Levitra nimmt die Schönheit in den Schwitzkasten. Er flüstert, während seine Klinge auf Wanderschaft geht. „Ich piss dir ins Arschloch, bevor du nur einen Tropfen aus deinen Schläuchen gedrückt hast.“ Und der Don fackelt nicht lang. Er schlachtet selbst und erst nach vollständiger Resteverwertung, die sich post mortem unter seiner peinlich genauen Anleitung vollzieht, ist er wenigstens zum Teil befriedigt.

***

Am Flughafen Arad steigt die Tänzerin in ihren Flieger nach Hamburg. Zwei Klosterfrauen mit Höhenangst bevorzugen indes ein Zugabteil. Wie vereinbart lösen die tatkräftigen Karpaten im Zweierpack das überarbeitete Frittier-Tier ab. Olga macht sich sogleich auf den Weg. Bei dem Gedanken daran, sich einer Horde Lover und dem Kamasutra für Wohlbeleibte hinzugeben, kommt Olga schon auf ihrem Mofa ordentlich in Wallung. „Ich komme!“, schreit sie helmbefreit dem Wind entgegen.

***

Eine Frühstückstfahrt mit der U-Bahn am nächsten Morgen bringt erstaunliche Neuigkeiten mit sich. „Ich habe dein Postfach geleert. Wir sollten uns einen gemütlichen Platz zum Fummeln suchen, was meinst du, Bärchen?“ Dem alten Mann bleibt die Butterstulle im Halse stecken, als ihm der Poststempel seiner Geburtsstadt und der Name eines renommierten Anwalts ins Auge stechen. Er öffnet die Briefe und liest mit zitternden Händen. „Frau Prof. Dr. Máslo ist tot …“, beginnt er zu erzählen.

***

Gegen Abend parkt Levitra seinen Dekadenz-Bausatz im Hafenviertel vor einem Innenhof. Er steigt aus, flaniert einige Meter und lokalisiert die Verursacher ausgelassener Resonanz in einer offenen Garage. Auf der frisch polierten Motorhaube eines Oldsmobile nimmt der alte Mann seine kleine Lady von hinten. Schwanzneid schärft das Panorama. Der Don knetet seine Hoden, atmet tief ein und schluckt den herrlichen Geschmack auf seiner Zunge. Ihm ist nicht bewusst, wer ihm diesen Anblick verschafft hat und in unmittelbarer Nähe auch auf den richtigen Moment wartet. „Jetzt!“, schreit Bora. Mit einem Sprung vom Garagendach und einer Punktlandung bricht ihm die Tänzerin direkt beide Beine. Sie zieht ihren Rock hoch, setzt sich auf sein Gesicht, stöhnt und kommt, als der Don in erbarmungsloser Umarmung ihrer Lippen und Schenkel das Zeitliche segnet.

„Oh, Bärchen, dieses wunderbare Geschöpf erstickt die Ludensau mit ihrer Muschi …

©anahtarΨtlakstoupá

Letzte Aktualisierung: 27.12.2011 - 15.09 Uhr
Dieser Text enthält 10251 Zeichen.


www.schreib-lust.de