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Der Psychopath | April 2012

Mach mich satt
von Asla Kant

Weit entfernt …

Warmer Regen aus einem grauen Himmel. Kleine Füße an kurzen, gedrungenen Beinen versinken ein Stück in feuchter Erde. Augen schließen. Kopf in den Nacken. Mund öffnen. Tropfen auf der Zunge schmecken. Weitergehen. Blumen finden.


Weiße Wolken sammeln sich unter einem blauen Himmel. Ein Meer aus gelben Blüten. Weicher Boden. Hinlegen. Blumen riechen. Aufstehen. Kleine Hände an kurzen, gedrungenen Armen reißen an grünen Stängeln. Augen zu, Kopf nach hinten, Mund auf. Gelbe Blumen schmecken nicht. Schlucken. Weitersuchen. Fliegen finden.


Sterne in einer klaren Nacht. Das Licht einer Laterne in einem Zimmer. Finger an kleinen Händen, die über ein Laken reiben, sich an Kissen festhalten, sich am Federkern einer Matratze auslassen. Reiben. Kratzen. Warten. Bis es summt. Bis das Objekt der Begierde die Honigstraße gefunden hat, das Summen lauter wird. Vorsichtig zufassen. Erst die Flügel pflücken. Augen auf, weit auf und rein in den Mund. Aber auch Fliegen schmecken nicht. Runterschlucken. Weitermachen. Schlafen.


Ich finde, was mir schmeckt.

***


Entfernt …

Ein Hof, ein Haus. Räume, Treppen, Türen. Flure, die den Klang verstärken. Plastikblumen und Porzellanfiguren auf Fensterbänken. Bunte Bilder an Wänden. Buchstaben. Stimmen. Viele kleine, schrille, wenige große, sanfte. Bücher. Eine Hand, nicht mehr gar so klein, die ein Stück Kreide festhält, den Druck verstärkt, auf eine Tafel schreibt. So lang, so fest, bis das liebliche Geräusch beinahe ein Herz zerreißt. Nur ein Herz, denn die anderen mögen es nicht.

Seltsame Blicke. Getuschel. Hinsetzen.

Nicht warten, denn auch die kleine Stecknadel am Saum eines Röckchens wartet nicht.

So gefällst du mir nicht. Ich mach dich schön …

Die Nadel bohrt sich tief in ein Bein unter dem Tisch nebenan. Niemand sieht es. Schreie und Tränen. Deine sind es nicht.

Unschuld verbirgt einen verklärten Blick, gestilltes Verlangen und sinnlichen Frieden.

Du hast gefunden, was dir schmeckt.

***


Nah …

Schnee fällt in dichten Flocken aus einer beruhigenden Schwärze. Du schließt die Augen. Legst deinen Kopf in den Nacken. Was deinen Hunger stillt, suchst du längst nicht mehr, es findet dich.

Sehnsucht, Wärme, Schwäche. Empfangen. Mauern durchdringen.

Holz verbrennt in einem Kamin.

Es knistert so schön.

Verstand schürt das Feuer der Lust. Bestimmend, führend, ohne Worte. Dein Gegenüber lässt sich auf einem Stuhl nieder. Offenbart sich. Nackte Seele.

Du besteigst Körper, Schoß und Stuhl.

Und während dir flehender Atem entgegenströmt, das Flehen sich in Schüben selbst verzehrt, schneidest du.

Mach mich satt nackte Seele – Fleisch …


©anahtar.похоть.cn.далеко.

Letzte Aktualisierung: 17.04.2012 - 18.17 Uhr
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