Rivalität | Mai 2012
| Gepöbel aus der ersten Reihe | von Robert Pfeffer
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âDie Dame ist die Arroganz in Person. Und sobald es um ihren Macker geht, ist der alles egal.â
âMacker? Wie redest du denn von unserem König?â
âAch, is doch wahr! Dieses hochnĂ€sige Getue kann ich einfach nicht mehr ab. Wenn man die Farbe wechseln könnte, ich wĂŒrd's tun!â
âIst nicht dein Ernst! Du willst zum schwarzen Pack drĂŒben dazugehören? Glaub bloĂ nicht, dass die besser sind als wir! Die Lady in Black allen voran. Im Gegenteil ... ich meine, bei der blĂ€ttert schon der Lack ab. Seitdem soll die unausstehlich sein.â
âHast ja recht. Trotzdem ... neulich hatte ich auf e4 eine nette Unterhaltung mit einem der LĂ€ufer von gegenĂŒber. Die sind gar nicht so.â
âOh Mann, das ist doch nur Taktik! Die wollen uns einlullen und plötzlich fehlt von uns die halbe Truppe. Dass du auf so was noch reinfĂ€llst. Was hat er denn ach so Nettes erzĂ€hlt?â
âEs gab wohl Zoff zwischen einem der Pferde und `nem Bauern. Das hĂ€tte ganz hĂŒbsch auf dem hohen Ross gesessen. Es sollte auch mal in die erste Reihe. Hat sich geziert. Und der LĂ€ufer hat dann mit beiden ein KriseninterventionsgesprĂ€ch gefĂŒhrt.â
âEin was?â
âJa, von wegen der GefĂŒhle, dass der eine nur so und der andere nur so laufen dĂŒrfte.â
âKein Wunder, jetzt weiĂt du, woher das kommt, wenn man einen vom Pferd erzĂ€hlt kriegt. Die haben noch nie in vorderster Linie gestanden, da haben sie leicht reden! Wer bekommt denn hier stĂ€ndig als Erster in die Fresse?â
âOch, es gibt Tage, da bin ich lieber schnell drauĂen und guck zu. Sollen die sich doch alleine rumschlagen.â
âKenn ich. Trotzdem ein komisches GefĂŒhl. So machtlos.â
âIch werd' nie den Tag vergessen, als ich bis zur Grundlinie kam.â
âGeht das schon wieder los ...â
âEin Genuss, als die Schwarzen merken, dass es zu spĂ€t war, sie es nicht ...â
â... jaja, mehr verhindern konnten, blablabla. Boah, du nervst! Wie oft hast du das erzĂ€hlt? Warenâs drei- oder vierhundert Mal?â
âWie ich dann mit stolzgeschwellter Brust fĂŒr die Dame raus bin.â
âEben hast du die noch `ne arrogante Tusse genannt.â
âIch gebe zu, es war zunĂ€chst schwierig. Aber ich wusste ja, wofĂŒr, und ganz ohne Opfer geht es halt nicht.â
âWĂ€re die nicht blindlings zwischen die TĂŒrme gerannt, wĂ€r' die Nummer frĂŒher zu Ende gewesen und du hĂ€ttest dich nicht so strecken mĂŒssen.â
âAch weiĂte, was soll man schon von so einer erwarten?â
âStimmt, die denken eh nicht weiter als bis zu unseren Schultern. Und sind die Köpfe der ersten Reihe abgeschlagen, hat die Haute Volaute freie Sicht und kann sich mit pikiertem Geblubber anpampen.â
âIm Ernst jetzt: WĂ€rst du gern ein Turm?â
âNie im Leben. WĂ€re ein schwarzer Tag, wo ich trotz weiĂer Farbe vor einem stehen mĂŒsste. Wenn so'n Turm was sagt, dann meistens nix Gescheites.â
âZu mir hat mal einer gebrĂŒllt, ich solle endlich meine zwei Felder vor gehen und Platz machen.â
âUnd was hast du geantwortet?â
âKönnen vor Lachen!â
âDu hast gesagt âKönnen vor Lachenâ? Cool.â
âEs war die Wahrheit. Mein Spieler dachte nicht im Traum daran, die rechte Flanke zu öffnen.â
âOh, pssst, der Alte ruft. Wann der wohl merkt, dass diese Teamsitzung vorher nix bringt ...â
***
âMeine liebliche Dame, hochverehrte Pferde, LĂ€ufer und TĂŒrme, werte Bauern. Kaum zu fassen, nachdem die letzte Schlacht noch nicht lange her ist, aber ⊠Schwarz hat uns erneut herausgefordert. Obwohl ich unlĂ€ngst dem König der Gegenseite bereits in der Schachtel sagte, er solle fĂŒr sich und die Seinen doch lieber realistische Ziele formulieren. Doch wie es auf der dunklen Seite des Feldes Usus ist, verschlieĂt man vor der Wirklichkeit trĂ€umerisch die Augen und öffnet lieber der Aggression TĂŒr und Tor, wird wieder ohne RĂŒcksicht auf Verluste voranstĂŒrmen. Diese fragwĂŒrdigen Halunken im matten Gewand werden schon sehen, was sie davon haben und von uns in KĂŒrze die passende Antwort erhalten. Nach Hinweisen aus zuverlĂ€ssiger Quelle sollte unser Hauptaugenmerk gleich zu Beginn den gegnerischen Pferden gelten. Es war im letzten Spiel zu beobachten, dass sie lange an der Seitenlinie standen und mit den TĂŒrmen berieten. Seien Sie also wachsam! Beinahe ĂŒberflĂŒssig zu sagen, dass ich auch in der kommenden Konfrontation mit unserem Feind von Ihnen absolute LoyalitĂ€t verlange! Jeder muss bereit sein, fĂŒr das GroĂe und Ganze alles zu geben. Es geht, werte Mitstreiter, um nicht weniger ⊠um nicht weniger ⊠als die Ehre!â
***
âHast du gesehen, wie der sich wieder aufgeblasen hat, als es um die Ehre ging?â
âEr kann nicht ohne. Glaubt wohl, damit das Letzte aus uns rausholen zu können.â
âMuss er nicht. Mag ja sein, dass wir immer als Erste die Hucke vollkriegen, aber irgendwie find ich die Position auch geil. Als Bauer kannst du reden, wie du magst, bist nicht in der Verantwortung, kriegst lĂ€ngere Pausen und hast dann richtig Bock auf Attacke.â
âApropos ..., komm, lass uns die Typen da drĂŒben ein bisschen anpöbeln.â
âUnser Schlachtruf?â
âUnser Schlachtruf!â
(Beide blicken die erste Reihe entlang, achtfaches Nicken, dann GebrĂŒll.)
âSeh ich Schwarz, zĂ€hlân wir bis drei,
auf zur nÀchsten Keilerei!
Drum ihr Bauern, seid nicht faul,
schwarzes Pack, jetzt gibtâs aufs Maul!â
âHast du gesehen, wie der linke LĂ€ufer von denen schon wieder guckt?â
âHat der gradâ Feigling gesagt? Ich glaub, der hat Feigling gesagt ...â
âAber vom Brett kicken tu ich den, damit das klar ist!â
***
âRuhe da vorne! Sonst gibt's ein Bauernopfer!â
Version 3 |
Letzte Aktualisierung: 23.05.2012 - 09.08 Uhr Dieser Text enthält 5550 Zeichen. www.schreib-lust.de |