ich sitze im klösterlichen biergarten, ein großes glas bernsteinbräu vor mir, und zünde mir eine zigarette an. perfekt. sommer im herbst, das herz gerötet. wie angenehm, dass ich gerade heute mein schönstes kleid trage. ich krame mein notizbuch hervor, den gedichtband von celan, den ich immer bei mir habe, und meinen lieblingsfüller. entspannt lasse ich den blick schweifen.
viele menschen haben das sonnige wetter zum anlass genommen, hierher zu reisen, an den so besonderen ort der ruhe, jedenfalls jenseits diesen tages. einige hunde liegen unter den bänken und blinzeln träge. schräg gegenüber bleibe ich hängen; ein alter mann, sehr alt, aber schön, wie gemalt, denkt lächelnd vor sich hin. erstaunt verweile ich, so lange, bis er mich aus wasserblauen augen ansieht. tief strahlen sie, direkt in mich hinein. normalerweise würde ich wohl verlegen zur seite schauen, jetzt aber kann ich nicht anders und halte stand. ohne ihn aus dem blick zu lassen, schlage ich mein notizbuch auf und
beginne zu schreiben.
er beobachtet jede meiner bewegungen; als ich kurz aufsehe, keilen sich seine fenster in meine haut. pore für pore durchwandert er mich, verweilt an gewissen stellen, die ihm weide sind, wie ich schauernd registriere. ich selbst verträume in seinem bart, ertränke mich in seinem wasserblau.
ich schreibe, erbebe.
er zieht langsam einen notizblock samt kohlestift unter dem tisch hervor. mit bedächtigen bewegungen beginnt er zu malen, mich. gebannt nehme ich einen schluck und zünde mir eine weitere zigarette an. ich brenne und er verewigt mich, mit seinen augen, seinen fingern, seiner haut. ich lasse mich zeichnen – von ihm, seiner schönheit und magie.
ich schreibe, gezeichnet.
mein portrait bekomme ich nie zu sehen, umspĂĽlt, umfeuert, wie ich in seiner hand entstand, heftet er sich das bild ans herz.
die seite aus meinem notizbuch lege ich ihm zu füßen, und in händen hält er - dieses fragment.
Letzte Aktualisierung: 15.06.2012 - 08.59 Uhr Dieser Text enthält 1941 Zeichen.