Wellensang
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Die Fantasy haben wir in dieser von Alisha Bionda und Michael Borlik herausgegebenen Anthologie beim Wort genommen. Vor allem fantasievoll sind die Geschichten.
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Selbst gemacht | März 2013
Ein wichtiges Detail
von Angie Pfeiffer

Schon seit Stunden wälzte er sich in seinem Bett hin und her, denn obwohl er hundemüde war, wollte sich der Schlaf nicht einstellen.
In Gedanken ging er noch einmal alle Arbeitsgänge durch: Zuerst hatte er den Globus geformt, anschließend Licht und Dunkelheit in Gang gesetzt. Himmel, Wolken, Land und Meere gingen fix, mit den Pflanzen hatte er schon etwas mehr Mühe.
Zum Glück war ihm noch rechtzeitig eingefallen, dass er Sonne, Mond und Sterne vergessen hatte.
Für die Tierwelt benötigte er ziemlich lange, denn er schuf nur Unikate. Schon bei der Anfertigung sorgte er dafür, dass jedes seine Sprache bekam.
Nun fehlten nur noch Mann und Frau. Der Mann war einfach in der Herstellung, die Sache mit der Rippe ließ sich schon komplizierter an, doch letztendlich war auch dieser Arbeitsgang geschafft. Voller Freude schaute er sein Gesamtkunstwerk an und es kam ihm ziemlich perfekt vor. Jetzt, am siebten Tag hatte er eigentlich vorgehabt sich auszuruhen, doch ein unbestimmtes Gefühl hielt ihn wach. Irgendetwas hatte er vergessen und so sehr er auch grübelte, es wollte ihm einfach nicht einfallen. Seufzend setzte er sich auf und guckte nach unten, wo gerade die Sonne aufging und ein besonders vorwitziger Hahn den Tag ankündigte. Natürlich - er schlug sich vor den Kopf. Der Hahn KRÄHTE! Die Sprache! Bei den Tieren hatte er darauf geachtet, doch bei der Erschaffung der Menschen war ihm das tatsächlich in der Hektik durchgegangen.
Trotz seiner immensen Müdigkeit sprang er mit einem Satz aus dem Bett, denn hier musste er sofort nachbessern.
„Morschn Chef, wolldest'de nisch' ausruh'n?“, rief ihm Petrus kopfschüttelnd hinterher, doch er nahm sich kaum Zeit für eine Antwort.
„Die Sprach‘...vergessen...“, hallte es dumpf durch die dichte Wolkendecke und schon befand er sich im Anflug auf die Erde.

„Oh mei, wia lang bin i denn im Bett g‘legn?“
Er kratzte sich verblüfft den Kopf, während er sich das Gewimmel anschaute. Die Menschheit hatte sich auf verblüffende Weise vermehrt. Inzwischen gab es die verschiedensten Exemplare aller Couleur. Das konnte dauern...Seufzend machte er sich an die Arbeit.
„Hebräisch, Latein, Sanskrit“, murmelte er vor sich hin, während er die Liturgiesprachen anlegte. „Shinto, Koptisch...“, er fügte noch einige Sprachen hinzu, damit das meckerige Menschenvolk zufrieden war. Denn das hatte er schon nach wenigen Momenten festgestellt: Sie waren ganz schön extra. Er hatte sich vorgenommen, eine einheitliche Regelung zu treffen, doch das erschien ihm nach einigem Experimentieren nicht machbar. So bekam jedes Volk seine ganz individuelle Sprache. Wie er schon vermutet hatte, hielt ihn das für geraume Zeit von seinem verdienten Feierabendschlaf ab, obwohl er zwischendurch immer wieder einmal in einen Sekundenschlaf fiel und es dadurch fast zu einem spektakulären Absturz über dem Indischen Ozean gekommen wäre. In letzter Sekunde fing er sich jedoch und schraubte sich mit einem gekonnten Looping über die Wolken.
Auch vergass er den Chinesen den Buchstaben ,R‘ zu vermitteln, doch das machte er mit einem revolutionären Schriftbild wieder wett. Beim Überqueren des Himalaya entdeckte er durch Zufall ein ziemlich exotisches Völkchen, dem er einige komplizierte Zungenbrecher überließ. Die Gegend gefiel ihm beim genaueren Hinschauen richtig gut. „Wenn ich meinen Sohn mal zu einem Praktikum runter schicke, dann wäre das ein geeignetes Plätzchen“, dachte er bei sich.
Jetzt fehlte nur noch ein ziemlich überschaubarer Kontinent irgendwo dazwischen. Hier händelte er die Sprachgebung mit einiger Routine, man hatte ja inzwischen eine gewisse Übung darin.

„Fertig“, mit einem Stoßseufzer und dem festen Vorsatz sich durch nichts und niemanden vom Schlafen abhalten zu lassen fuhr er schließlich gen Himmel. Doch an der Pforte erwartete ihn sein Stellvertreter. "Chef, ich weeß, du bisd gaum ansbrechbar, schlieslich hass'de jedzz sieb'n Daache durch im Aggord geschuffded, abor hier is 'e Brobleem, das geen Offschub dulded.", begann er zögernd und wies anklagend auf ein Häufchen Menschen, das zusammengedrängt, doch entschlossen neben der Himmelstür standen.
„Wo san denn die her und warum sogn die nix, wo i eane gerad eben die Sprache gebracht hab?“ Petrus rang die Hände. „"Nu, eb'n nich, das is eene Abordnung von und'n. Offensichdlich hass'de 'se vergess'n?“
Jetzt war es an Gott, die Hände zu ringen. „Oh mei, des kimmt vom vuia Arbeitn und wenga Schlafn. Mir tuat ois weh und mei Kopf is völlig laar.“ Er überlegte einen Augenblick.
„Woaßt was, Petrus“, sagte er schließlich entschlossen, „warum soin die eigentlich net so redn wai mir?“

Letzte Aktualisierung: 13.03.2013 - 20.56 Uhr
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