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Auferstehung | September 2013
AltStadt, Düsseldorf
von Helga Rougui

Der Regen treibt die Menschen näher an die Häuser. So komme ich dicht am Eingang einer Kneipe vorbei, in der ich vierzig Jahre nicht mehr war. Die Tür steht offen, ich schaue hinein, in Dä Spiegel. Leer. Es ist kurz nach drei Uhr nachmittags.

Ich schaue auf die Theke, es scheint dieselbe wie vordem, auf die im Boden festgeschraubten Hocker, die sich seit damals keinen Zentimeter bewegt haben.
Die Kellnerin hinter mir, unter dem Zeltdach für die Raucher, im Gespräch mit einer älteren Frau. Die das offensichtlich nicht sein will. Sorgfältigst geschminkt, hüftlanges graues Haar, darin ein mädchenhafter schwarzer Reif, helles kurzes kesses Regenmäntelchen. Die Musik ist laut, dringt zur Tür heraus. Die Frau tanzt.
Ich schaue wieder, sehe Eberhard auf seinem Hocker, vor sich ein Bier, er trinkt immer Bier. Ich gehe hinein und setze mich auf meinen Platz neben ihm. Er sieht mich nicht. Die Kellnerin kommt, ich bestelle einen Kaffee, anderes geht nicht mehr. Nur solche wie Eberhard können sich noch Bier leisten.
Die ältere Dame tanzt herein, trinkt einen Schluck aus ihrem Glas, die Sixties, Oldies, viel besser als die Musik heute, guter Rhythmus, echte Melodien, intelligente Texte, nicht das TechnoBummBumm der jungen Leute heute. Die jetzt noch nicht da sind. Vertraulich raunt sie mir zu, abends sind sie da, da ist es furchtbar. Ah, die Sechziger, als Wild Thing rauskam, war ich fünfzehn. Ich schaue sie an und überlege, wie sie mit fünfzehn war. Eine von denen, die zur Fraktion der Schönen gehörten, die mich nicht gesehen haben.

Ich will mich erinnern. Das alte Holz der Theke mit dem abgesplitterten Lack, die blanken Haken darunter. Die Collage mit der Wirtin, Marianne, rotblond, Liberté, Egalité, Fraternité,
ein schwarzes Band an der oberen rechten Ecke. Die Bänke an der Wand, noch dunkler geworden, altersglänzend. Die Gegenstände bleiben gleich, die Körper nicht. Was ist mit dem Geist? Ich bin dieselbe wie mit Anfang zwanzig, innerlich, oder nicht? Die Frau neben mir hat beschlossen, heute jung zu sein, sie trinkt, sie raucht, sie fiebert, sprudelt, schäumt, sie redet, redet, redet. Windet sich und dreht sich, um zu zeigen, daß sie agil ist wie ein Teenager, witzelt kumpelhaft mit der um Jahrzehnte jüngeren Kellnerin. Die geht auf das Spiel ein. Profi? Alte Bekannte? Ich habe keine Lust zu fragen. Eberhard ist ganz durchsichtig geworden.

Ich zahle, nehme meinen Stock und trete auf die Straße. Der Regen hat aufgehört.

Letzte Aktualisierung: 12.09.2013 - 22.16 Uhr
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