Burgturm im Nebel
Burgturm im Nebel
"Was mögen sich im Laufe der Jahrhunderte hier schon für Geschichten abgespielt haben?" Nun, wir beantworten Ihnen diese Frage. In diesem Buch.
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Metamorphose | November 2013
Flug ins Ungewisse
von Ingo Pietsch

Das Spaceshuttle beschleunigte und hob von der Startbahn ab.
Es handelte sich um ein weiterentwickeltes Modell der klassischen Baureihe aus den Neunzigern. Eine verlängerte Nase, breitere Flügel, mehr Lufteinlässe, alles in schlichtem Mattgrau.
Aber am wichtigsten war: Es konnte starten und landen wie ein normales Flugzeug.
Wolverine zog das Steuer zu sich heran. Das Shuttle beschrieb einen neuen Kurs von 45 Grad.
Obwohl der Kampfjet-Pilot schon dutzende Male mit dem Shuttle geflogen war, hatte er ein mulmiges Gefühl in der Magengegend. Außerdem zog sich ein leichter Schmerz über die ganze linke Schulter.
Sein Kopilot, Maverick, bemerkte, wie er das Steuer ganz verkrampft hielt, als kämpfe er damit.
„Hey Alter, alles klar?“
Wolverine liefen Schweißperlen über das Gesicht, dass konnte Maverick durch den geöffneten Helm klar erkennen.
Der Pilot sah zu ihm herüber und signalisierte mit seinem Daumen ein OK.
„Mann, dreh mir ja nicht durch. Wir haben so viele Top-Wissenschaftler an Bord, wenn da was schiefgeht, erschießen die uns!“ Maverick checkte ein paar Anzeigen und sah dann auf den Monitor der Bordkamera, die die Passagiere zeigte.
26 Wissenschaftler drängten sich im Laderaum auf ihren sehr knapp bemessen Sitzgelegenheiten zusammen.
Einige hielten sich Tüten vors Gesicht. Einem klappte das Visier des Helms zu, als er niesen musste. Ganz hinten war jemand ohnmächtig geworden.
„Weicheier“, kommentierte Maverick.
Wolverine fasste sich an die linke Schulter.
Maverick bemerkte das: „Vielleicht hättest du doch noch eine Woche warten sollen, bis die Wunde ganz verheilt ist.“
„Mir geht es gut“, sagte Wolverine mit zusammengepressten Zähnen. „Und wenn man bedenkt, dass kaum noch etwas Sichtbares zurückgeblieben ist.“ Ein verzerrtes Lächeln umspielte seine Lippen. „Keiner außer uns beiden kann dieses Ding vernünftig fliegen.“
„Fliegen nennst du das? Im Gegensatz zu unseren Kampfjets ist das hier eine Busfahrt.“ Maverick schüttelte den Kopf. „Ich weiß immer noch nicht, wie du mich hierzu überreden konntest.“
Wolverine setzte seinen bekannten Blick auf und sah jetzt dem Schauspieler Hugh Jackmann zum Verwechseln ähnlich.
„Ist ja gut. Wir verlassen gleich die Erdatmosphäre, fliegen Richtung Sonne und umkreisen die Erde bis zur dunklen Seite. Dann docken wir ganz gemütlich an die ISS an, schmeißen unsere Fahrgäste raus und fliegen wieder zurück. Heute Abend grillen wir noch zusammen!“
„Gute Idee!“ Wolverine tätschelte seine Schulter, „es hat aufgehört, war wahrscheinlich nur ein Phantomschmerz.“
„Erzähl das ja nicht denen da unten. Die schmeißen dich auf der Stelle raus!“
Wolverine winkte grinsend ab.
Maverick öffnete den Kanal für eine interne Durchsage: „Sehr verehrte Fluggäste. In Kürze werden wir den Weltraum erreichen. Dann herrscht Schwerelosigkeit. Bitte bleiben sie angeschnallt und sichern sie lose Gegenstände. Für den Fall, dass ihnen schlecht werden sollte, finden sie vor sich geeignete Beutel, die sich einfach luftdicht verschließen lassen. Angenehmen Flug noch.“
„Fünf Dollar, dass mindestens die Hälfte der Doktoren die Tüten schon in den Händen hält.“
„Zehn dagegen, ich tippe dreiviertel.“ Maverick blickte auf den Monitor. „Wir haben beide verloren. Alle wedeln mit ihren Tüten herum!“
Wolverine lenkte das Shuttle von der Sonne weg und die Umkreisung begann.
Die Nachtseite lag vor ihnen. Auf der Erde leuchteten die Lichter der großen Städte und im Hintergrund funkelten die Sterne.
„Gleich müsste die ISS und der Mond zu sehen sein.“ Maverick drückte ein paar Knöpfe.
Wolverine erstarrte. Ihn überkam wieder dieses flaue Gefühl. Seine Finger kribbelten. Auch die Schulter tat ihm wieder weh. Automatisch fasste er wieder dorthin.
Maverick bemerkte das: „Was genau hat dich denn beim Campen angefallen?“
„Ein großer Hund oder so was. Vielleicht ein Kojote.“ Der Schmerz breitete sich über den ganzen Oberkörper aus. Er bekam kaum noch Luft.
„Möglicherweise war es ein Werwolf! Wir nähern uns dem Mond, seitdem hast du doch deine Anfälle!“, sagte Maverick unheilvoll. Er meinte es aber nicht ernst.
„Ja, sehr witzig! Ich…“, Wolverine bäumte sich auf. Die Gurte strafften sich bis zum Äußersten. Er riss sich den Helm vom Kopf und bleckte die Zähne wie eine Tier.
„Ich habe doch nur Spaß gemacht! Hey Alter! Jetzt hör schon auf! Christensen?“ Maverick schaltete auf Autopilot und schnallte sich ab, um seinem Freund zur Hilfe zu kommen.
Wolverine hatte Schaum vorm Mund und gab kehlige Laute von sich. Er war nicht mehr ansprechbar.
Maverick befreite seinen Kumpel von den Gurten und versuchte ihn in der Schwerelosigkeit in die Horizontale zu bringen. Der Körper war vollkommen verkrampft. Wolverines Gesicht veränderte sich auf dramatische Art und Weise: Sein Kiefer schob sich vor, die Zähne wurden länger, seine Augen begannen rot zu glühen.
Maverick wandte sich ab und zog sich zur Cockpittür. Er öffnete sie und rief nach hinten: „Gibt es hier einen Arzt?“
Ehe er eine Antwort erhalten konnte, packte eine behaarte Klaue seine Brust und hinterließ blutige Striemen. Dann griff sie zu und zerrte Maverick zurück ins Cockpit.
Die Wissenschaftler hörten den Copiloten schreien. Kurz darauf verstummte er.
Ein abgrundtiefes Heulen erschütterte das Shuttle.

Zwei Astronauten standen an der Schleuse.
Das Shuttle hatte per Autopilot planmäßig angedockt.
Auf der in den letzten Jahren immer weiter ausgebauten ISS herrschte künstliche Schwerkraft.
„Hast du eine Ahnung, warum die nicht antworten, wenn wir sie anfunken?“, fragte der eine.
„Ne, aber gleich werden wir und unsere zweihundertfünfzig Besatzungsmitglieder es wissen.“ Schließlich drückte der andere Astronaut die Entriegelung des Schotts, das zum Shuttle führte…

Letzte Aktualisierung: 24.11.2013 - 01.38 Uhr
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