Wellensang
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Die Fantasy haben wir in dieser von Alisha Bionda und Michael Borlik herausgegebenen Anthologie beim Wort genommen. Vor allem fantasievoll sind die Geschichten.
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vorgegebenes Bild | September 2014
Domina Technik
von Eva Fischer

Ich bin eine Frau. Das sollte ich erwähnen, sonst macht diese Geschichte keinen Sinn. Obwohl, dass Frauen und Technik nicht kompatibel sind, ist ein Klischee, auch wenn ich es selbst bediene.

Nie hätte ich gedacht, dass sie mich in ihren Klauen gefangen halten könnte, denn Technik hatte mir zu Diensten zu sein, ansonsten war sie ein seelenloses Monstrum, das ich auf Abstand hielt, in das ich null Gefühle investierte. Liebe, Hass, Wut, Trauer, ja Lust gehörten jedenfalls nicht dazu.

Von Jugendlichen wusste ich, dass sie acht Stunden täglich am PC verbrachten. Für Computerspiele hatte ich nur ein müdes Lächeln übrig, denn mein Suchtfaktor lag woanders, im Schreiben. Der PC als Schreibmaschine, um Mails zu verschicken oder um zu chatten, wie es neudeutsch heißt, das fesselte mich dann schon eher.

Wenn man fünzigmal die gleiche Mail bekommt, dann ist es an der Zeit, sein Passwort zu ändern. Klar, das hatte ich schon mal gemacht. Das würde klappen. Ich beachtete alle Regeln. Mindestens acht Buchstaben, unmotivierte Klein- und Großschreibung, Zahlen. Man musste alles tun, um dem virtuellen Hacker das Leben schwer zu machen.

„Sei nicht so zimperlich!“, mahnte mich meine Freundin oft, die allen Vorurteilen zum Trotz die Technik ganz offensichtlich im Griff hatte. So wiederholte ich mein Passwort MauErblümchen 007 mehrfach, auch wenn der Computer durch rote Lettern mir ständig bedeutete, dass ich etwas falsch gemacht hatte. Okay, dann kein MauErblümchen 007, sondern ein KotZbrocken 13. Nicht zimperlich sein! Irgendwann würde ich schon grünes Licht bekommen.

Nun, ich bekam es nicht. Nach einer Stunde gab ich auf. Ungern, denn wer gesteht sich schon ein, dass er versagt hat. Ich kehrte zurück zu meinem Mailkonto, wollte mich mit meinem alten Passwort einloggen. Das durfte jetzt nicht wahr sein! Man hatte mich vor die Tür gesetzt.

Da packte mich die blanke Wut, wobei es schwierig war, wer der Adressat sein sollte.
Mein Server, der mich offensichtlich vor einem Bekloppten schützen wollte, der sein Passwort nicht richtig ändern konnte?
Vielleicht hatte ich MauerBlümchen 07 geschrieben. Wer will das schon genau wissen, wenn sich Buchstaben und Zahlen hinter Pünktchen verstecken. Der Computer irrt sich nie. Es ist immer der dumme Mensch, der Fehler macht. Das ist leider Fakt.

Also sollte ich wütend auf mich sein, aber ohne Computer hätte ich dieses Problem nicht.
Meine Wut expandierte ins Diffuse, machte mich äußerst übellaunig, verdarb mir den Tag.
Ich erwartete eine Antwort von einem Freund, an die ich nun nicht mehr herankam. Das Schlimmste aber war die Trauer über den Verlust aller meiner E-Mail Adressen, ein kostbarer Schatz, den ich dummerweise nirgendwo gesichert hatte.

Meine Freundin kam mir zu Hilfe und verstreute Zuversicht, dass wir das Problem schon in den Griff bekämen. Wir? Höchstens sie! Ich baute alle meine Hoffnung zu einem Türmchen, das jedoch gleich wieder einstürzte, als der Server mir einen Code auf mein Handy schicken wollte. Im Prinzip kein Problem, wenn ich es nicht vor sechs Monaten gegen ein i-Phone mit neuer Nummer eingetauscht hätte. Ich durchkramte meine Schubladen, wo ich das alte Handy nach einer gefühlten Ewigkeit fand. Nun fehlte nur noch das dazu gehörige Kabel, um es wieder zum Leben zu erwecken. Schlauerweise fristete es ganz in der Nähe des Handys sein Dasein. Aber funktionierte das alte Ding überhaupt noch? Hatte es eine Simkarte? Es schien mir irgendwie verschnupft, weil ich es ausrangiert hatte, und brauchte einige Zeit, um sich mir mitzuteilen.

„Lösch das!“, hatte wohl mein Hirn befohlen, um sich vor der Überflutung technischner Daten zu schützen, denn auf einmal hatte ich keine Ahnung mehr, wie ich das Handy einst bedient hatte. Verzweifelt tippte ich auf die Tasten, bis endlich die erlösende Zahl erschien.
Nun hatte ich wieder einen Fuß in der virtuellen Wunderwelt.

Dann tippte ich den Code ein, wählte ein einfaches Passwort, das ich Ihnen jetzt mal nicht verrate, und simsalabim hatte ich wieder Zugang zu meinem E-Mail Konto samt E-Mail Adressen.
Können Sie sich mein Lustgefühl vorstellen, als ich nun wieder in den Schoß des Netzes aufgenommen wurde?

Gierig sauge ich an deinen prallen Brüsten wie ein ausgehungertes Kitz.
Auf deinem Kopf tront eine Maus, die jetzt wieder aus ihrem Käfig darf, und sich liebevoll in meine Hand schmiegt. Ein Klick genügt und ich kann ganz nach Belieben einfügen, löschen, kopieren, verschieben, mich als virtuelle Magierin fühlen.

Ich brauche dich, du verdammte Hure des 21. Jahrhunderts!

Ich liebe dich, wenn du mir die Illusion verschaffst, ich sei deine Meisterin.
Das Gegenteil ist der Fall. Du bist und bleibst meine Domina.
Wenn ich mich deiner Logik nicht beuge, schwingst du die Peitsche, du beinharte, kapriziöse, elende Rechthaberin!


Tja, dann schaltete ich meine Kaffeemaschine ein, um mit meiner Freundin ein Tässchen Cappuccino zu trinken.
„Filterpatrone wechseln!“, blinkte ein rotes Lämpchen. Wo war nur schon wieder die verflixte Bedienungsanleitung?

Letzte Aktualisierung: 04.09.2014 - 09.38 Uhr
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