Ganz schön bissig ...
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Der Jäger
von Martina Lange

Hygieneinspektoren dürfen nicht zimperlich sein. Auch wenn es sich bei meiner Heimatstadt natürlich um ein ausgesprochen reinliches Örtchen handelte, das möchte ich vorausschicken. Im Besonderen jene Betriebe, die in meinen Inspektionsbereich fielen, was mich zum Ende meiner Dienstzeit schon mit einer gewissen Genugtuung erfüllte.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, wenn mir dennoch die Aussicht behagte, endlich nichts mehr mit Abfall und Ungeziefer, vor allem aber den allseits vertretenen Ratten zu tun haben zu müssen. Ich liebte meine Arbeit, die ich in all den Jahren schon durch meinen Familiennamen als eine Berufung empfunden hatte. Doch nun löste sich die Bindung an das Arbeitsleben. Gedanklich fielen die Fesseln bereits von mir ab. Und allmählich durchdrang mich eine belebende Erneuerung.
Fröhlich pfeifend richtete ich mich hinter meinem Schreibtisch ein. Dies war schließlich mein letzter Arbeitstag vor dem wohlverdienten Ruhestand und ich wollte ihn gebührend und in aller Ruhe ausklingen lassen, als das Telefon gebieterisch klingelte und mich aus meiner Vorfreude riss.

Eine sehr aufgebrachte Frau beklagte sich über unhaltbare Zustände in einem stadtbekannten Liebestempel hoch über der Weser. Anonym, wie sich versteht, denn wer will schon zugeben, dass der eigene Mann ein solches Etablissement besucht. Aber mit den Jahren hängt die körperliche Anziehung halt ein wenig durch und so begibt sich der Notleidende eben zu den Rosies der Stadt.
"Einfach unglaublich! Dieses Dreckloch gehört geschlossen!", empörte sich die Dame lautstark. Mein Erstaunen dabei war, dass sie sich nicht auf die Vorlieben ihres Mannes bezog, sondern auf die Mitbringsel.
In der Kleidung ihres Mannes hatte sie Kot- und Fellspuren eindeutig zweideutiger Natur gefunden. Mäuse? Ratten? Nagetiere! Ihre Stimme klang ausgesprochen verschnupft.
Nicht schon wieder. Erst vor wenigen Tagen war eben jenes Etablissement von mir einer gründlichen Inspektion unterzogen worden. Den rüden Besitzer, der mich ob der wenig wirksamen Methoden der Stadt zur Rattenbekämpfung beschimpfte, sah ich noch deutlich vor mir.
Mir blieb auch nichts erspart. Mich in mein unvermeidliches Schicksal fügend, dem Grobian wieder gegenübertreten zu müssen, begab ich mich umgehend zum Ort des Sündenfalls und wurde trotz der frühen Stunde empfangen. Jedoch durchaus anders, als ich es erwartet hatte.

Rattenbeseitigungsselbsthilfe!
Eine Kugel riss mir ein Loch in den Hut und diesen vom Kopf. Zum Glück ging das umherfliegende Blei an mir vorbei, da die Domina des Hauses mich im letzten Moment mit der Peitsche zurückstieß. Die Ratte, die ihrer Hinrichtung wenig begeistert entgegensah, wurde auch vom zweiten Schuss verfehlt.
"Many legt jetzt selbst Hand an. Er kann Ratten nicht leiden und wenn er eine sieht, schießt er! Den Biestern die Flötentöne beizubringen, hat schon anno-dazumal nicht geholfen. Also, komm'se rasch rein und aus der Schusslinie!"
Sprachlos stolperte ich ihrer frivolen Erscheinung nach, nur fort von diesem Selbstjustizler!
Und mitten hinein in ein Blitzlichtgewitter. Hinter mir erklang die vertraut verschnupfte Stimme, die kurz zuvor am Telefon so sehr an meinem Selbstverständnis gekratzt hatte.
"Hallo, Herr Nimrod", säuselte einer meiner Kollegen und löste die Klemme von der Nase. "Einen fröhlichen Ruhestand wünschen wir dir!"
Alle meine Kollegen umringten mich feixend, während Domina Sonja in einen Bademantel schlüpfte, die Gummiratte hinter der Bar verstaute und Many erneut herumknallte. Diesmal jedoch mit einem Sektkorken.

Letzte Aktualisierung: 21.09.2014 - 09.50 Uhr
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