Wellensang
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Die Fantasy haben wir in dieser von Alisha Bionda und Michael Borlik herausgegebenen Anthologie beim Wort genommen. Vor allem fantasievoll sind die Geschichten.
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Verdorben | November 2014
Chris leidet - Mia auch
von Anne Zeisig

“Das Fleisch war schlecht.” Chris kniete vor der ToilettenschĂŒssel und wĂŒrgte.
Mia wischte ĂŒber die Armaturen. “Ich habe es auch gegessen und mir geht es gut.”
So sehr er sich auch bemĂŒhte, sein Magen gab keinen Bissen frei. Stöhnend stand er auf. “Mein Körper ist so geschwĂ€cht, dass ich nicht einmal kotzen kann.” Chris schleppte sich aufs Sofa und befĂŒhlte seinen Oberbauch. “Wenn die Erreger erstmal meinen gesamten Verdauungstrakt passiert haben, hatten sie genĂŒgend Zeit, sich zu vermehren. Dann hat mein Immunsystem keine Chance, alleine mit denen fertig zu werden.”
Mia folgte ihm ins Wohnzimmer. Nun wischte sie ĂŒber die TischflĂ€che.
“Du kannst doch nicht mit dem Badezimmerlappen den Wohnbereich polieren!” Er verzog das Gesicht. “Willst du mich umbringen?”
Sie blickte auf das Staubtuch. “Erstens wĂŒrdest du nicht sterben, wenn ich den Badlappen benutzen wĂŒrde und Zweitens ist das der Staubfeudel fĂŒr die Möbel.” Sie schmiss ihm das Tuch auf die Brust.
Er nahm den Lappen zwischen die Fingerspitzen des Daumens und Zeigefingers, warf ihn auf den Tisch. “Du weißt genau, dass ich an ‘Hausstaub’ leide. Und da startest du diesen Frontalangriff auf meine Atemwege.” Er legte seine HandflĂ€chen auf den Unterbauch. “Und jetzt noch die Sache mit dem Fleisch, das kann sich ganz schnell zu einer ĂŒblen Lebensmittelvergiftung entwickeln und die Folge wĂ€re womöglich ein multiples Organversagen!”
“Bisher haben dir zig Ärzte diagnostiziert, dass du gesund bist! Kerngesund”, zischte seine Frau.
Er wand sich. “Kerngesund? Die Quacksalber haben alle keine Ahnung! Puh! Das sind MagenkrĂ€mpfe!”
“Da ist aber nicht dein Magen”, stellte sie fest, “da ist der Darm.”
“Was?”
“Der Magen ist dort.” Sie nahm seine HĂ€nde und legte sie auf seinen Oberbauch.
Chris wurde bleich. “Dann sind die FĂ€ulniserreger bereits im Darm angekommen!”
“FĂŒnfzehn Minuten nach dem Essen?” Mia schĂŒttelte den Kopf. “Da ist dein Magen immer noch mit dem Fleisch beschĂ€ftigt.”
Nun legte er sich auf die Seite. “So ist es etwas ertrĂ€glicher. Sicherlich strahlt der Schmerz bis in den Unterbauch aus. Wir sollten zur Vorsicht meinen Blutdruck messen, bevor mein Kreislauf in die Knie geht.” Er zeigte zum Schrank. “In der unteren Lade ist das MessgerĂ€t.”
Sie setzte sich in den Sessel und atmete laut und lange aus. “Da sind zehn MessgerĂ€te drin.”
“Sicher ist sicher. Es kann immer mal eines defekt sein.”
“Höre endlich auf, dir was einzubilden!”
“Einbildung? Du hast GlĂŒck gehabt, weil du ein gutes StĂŒck erwischt hast.”
“Das sind nur harmlose BlĂ€hungen.”
Er bĂ€umte sich auf. “Auch das noch! Dann muss ich dringend einen Laktose-Test machen lassen. Mit einer Intoleranz soll man nicht spaßen.”
Sie sah ihn mit blitzenden Augen an. “Und frage mich nun nicht, ob ich HaselnĂŒsse in den Pudding getan habe! Habe ich nicht, seit du dir eine Haselnussallergie einbildest!”
“Aber ich habe Schmerzen! Wirklich!”
Mia stand auf. “Ich koche dir einen Kamillentee.” Ihre Stimme vibrierte und gedanklich holte sie ein KĂŒchenmesser aus der Lade.
Kaum hörbar flĂŒsterte er. “Kamillentee? Ich wĂ€re beruhigter, wenn ein Notarzt kĂ€me.”
Seine Frau schloss ihre Augen und schĂŒttelte den Kopf. “Gesten Abend war doch das Treffen der Hypochonder-Selbsthilfegruppe.”
Chris nickte und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
“Und wo ward ihr danach?”
“Bei Pils-Bruno.”
“Na! Da haben wir ja endlich den ÜbeltĂ€ter! Das letzte von deinen zehn GlĂ€sern Bier war offensichtlich verdorben!” Mias Stimme ĂŒberschlug sich. “ Oh weh! Ich will nicht wissen, wie schlecht deine Leberwerte sind! Und dann gibt es ja auch noch so eine Hopfen- und MalzunvertrĂ€glichkeit! Das bemerkt man, wenn Atemnot einsetzt!” Sie stand auf und blickte kalt in seine weit aufgerissenen AugĂ€pfel. “Atemnot UND Gelbsucht!”
Er röchelte und fiel vom Sofa: “Bitte. Ruf sofort einen Krankenwagen.”
Mia ging in den Flur, nahm ihre Jacke, die Handtasche und den SchlĂŒssel.
Die HaustĂŒr fiel leise ins Schloss.
Mia lÀchelte, als sie im Schutz der Dunkelheit zum Auto lief.



©Anne Zeisig, ENDversion

Letzte Aktualisierung: 26.11.2014 - 19.47 Uhr
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