'paar Schoten - Geschichten aus'm Pott
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Das Ruhrgebiet ist etwas besonderes, weil zwischen Dortmund und Duisburg, zwischen Marl und Witten ganz besondere Menschen leben. Wir haben diesem Geist nachgespürt.
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Heimat | Februar 2016
Echte Liebe!
von Martina Bracke

„How cute!“, rief ich aus und strahlte dieses kleine Wesen mit den Pausbäckchen in seinem noch zu großen Strampler im schwarzgelben Look an. Benny streckte mir die Ärmchen entgegen und seine Mutter flötete: „Er mag dich.“
Na, zumindest schien er Sympathien für mich zu hegen, denn er ließ sich - „Vorsicht mit dem Köpfchen“ - anstandslos aus seinem schwarzen Kinderwagen mit BVB-Aufnäher herausheben.
Er passte genau in die Beuge meines Armes und lüllte erst einmal in meinen Pulli. Seine Fingerchen klammerten sich an meinen Zeigefinger, sein Mund schnappte wie bei einem Fisch und immer wieder gluckste er – wie ich hoffte – aus Vergnügen.
Auch ich bekam das Grinsen kaum aus dem Gesicht und musste zugeben, dass meine beste Freundin es wohl gut getroffen hatte.
„Wann kommt denn Mark nach Hause?“, fragte ich endlich, als Benny die Augen zufielen.
„Ach, der ist noch in der City Hall, so gegen fünf ist er da.“
City Hall – Rathaus. Die Sprache färbte auf meine Freundin ab, aber noch war kein Akzent zu hören.
Eigentlich hatte ich gehofft, dass sie nach ihrem Au-pair-Jahr wieder nach Dortmund zurückkäme, aber dann hatte sie hier studiert und auf einmal war Mark da, ein Amerikaner, dessen Ururgroßeltern mal aus Deutschland ausgewandert waren. Irgendwo steckte auch noch indianisches Blut in ihm. Mark mit einem bezaubernden Lächeln, der wie meine Freundin internationales Recht studiert hatte und sein „German Girl“ einfach nicht mehr losließ.
„Vermisst du denn nichts?“, hatte ich sie einmal gefragt.
Da hatte sie mir auf dem Bildschirm zugezwinkert und mitgeteilt, dass Mark tatsächlich Soccer spiele.
Im Land von Baseball und American Football hatte meine Freundin es geschafft, sich einen Fußballer zu angeln! Ein Stöhnen hatte ich nicht unterdrücken können. Damals.
Jetzt verbrachte ich eine wunderschöne Zeit mit meiner Freundin, die sich extra ein paar Tage ihres spärlichen Urlaubs genommen hatte. Und mit der ganzen Familie ließen wir uns von der Gischt der Niagarafälle besprühen, aßen on top of Toronto, flogen mit der „Schwalbe“ über den Eriesee – und schauten via Satellit dem BVB beim Siegen zu. Es würde zwar wieder nicht für die Meisterschaft reichen, aber das tat der Liebe keinen Abbruch. Leider gab es für meinen Aufenthalt keine Verlängerung und so ging alles viel zu schnell zu Ende.
Auf dem Flughafen von Buffalo, immerhin ja die Partnerstadt von Dortmund, ließ ich das Trikot der aktuellen Spielzeit zurück, das meine Freundin zum Abschied mit Stolz trug. Ich versteckte meine Tränen hinter der Sonnenbrille, umarmte alle kurz, tätschelte Benny und eilte zur Sicherheitskontrolle.
Eigentlich ganz schön, ein Stück Heimat in Amerika zu haben, dachte ich, als ich in Düsseldorf landete. Ich hoffte, dass es in Zeiten von Skype, Facebook und günstigen Flügen noch lange so bleiben würde. Dann stieg ich in den RE1, der mich mit „Ey Alter, wat machste am Wochenende?“ und „Hasse schon gehört, Kloppo verlässt den BVB“ wieder nach Hause brachte. Das Dortmunder U begrüßte mich mit den schwarzgelben Kickerfiguren auf der LED-Installation.
Ich lächelte. Echte Liebe. Heimat. Dortmund.

Version 2

Letzte Aktualisierung: 25.02.2016 - 08.34 Uhr
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