Das alte Buch Mamsell
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Peggy Wehmeier zeigt in diesem Buch, dass Märchen für kleine und große Leute interessant sein können - und dass sich auch schwere Inhalte wie der Tod für Kinder verstehbar machen lassen.
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Familienbande | September 2016
Schlosscafé
von Heinz Walter Gorzitza

„Hallo Fräulein, ich möchte gerne bestellen!“
„Ja, komme gleich!“

Er musterte die Bedienung von oben bis unten. Bestimmt so eine verwöhnte Göre aus gutem Haus, dachte er sich. Groß, blond, gutaussehend, braungebrannt. Wahrscheinlich jobbte sie nur, studierte irgendwas und muss nun nebenher arbeiten. Das merkt man. Keine Lust, die Leute zu bedienen, faul und frech dazu.

„Darf‘s auch was zum Essen sein?“
„Würde ich gerne, wenn ich eine Karte hätte.“
„Am Tisch nebenan liegt doch eine“.
„Muss ich die noch selber holen?“

Er bestellte ein alkoholfreies Weizen und ein kohlensäurehaltiges Wasser dazu, für die Speisenbestellung muss sie dann halt nochmal kommen.

„Hier ihr Bier “, sagte sie mit einem unfreundlichen Unterton.
„Und mein Wasser?“
„Oh, das steht noch drin, muss es noch holen.“

Typisch, jetzt musste sie schon wieder rein. Selber schuld, wenn man seine Gedanken nicht beisammen hat, freute er sich diebisch. Schadenfroh grinste er „Was man nicht im Kopf hat, muss man halt in den Beinen haben.“ Das Café war so organisiert, dass die Bedienungen erst drinnen per Chip die Bestellungen aufgeben, warten müssen bis die Getränke fertig sind. Dann müssen sie wieder rein, um sie zu holen.

„Schlechte Organisation“, murmelte er vor sich hin. Kein Wunder, dass alles so lange dauert. Der Inhaber verdient bestimmt eine Menge Geld mit dem Café, dafür müsste aber der Service besser sein. Da kann man ja gleich zu Hause bleiben, der Service ist daheim genauso schlecht. Da macht er sich auch seinen Kaffee und die Getränke selbst.

„Ihr Wasser bitte!“
„Ist es auch mit Kohlensäure?“
„Nein, Medium “, antwortete die Blonde, „was darf es zu Essen ein?“
„Hier, den gemischten Salat mit Putenstreifen, dauert das lange?“
„Ein bisschen wird es schon brauchen, da es jetzt um die Mittagszeit sehr voll ist.“
„Dann sollte man halt mehr Personal beschäftigen, oder weniger Tische rausstellen!“

Der Außenbereich war in zwei Gruppen gegliedert. Auf jeder Seite standen 32 Tische. Rechts war die erste Hälfte, links die zweite Hälfte. So ergibt sich dann die Tisch-Nr. Er saß links. Also 2. für die Hälfte, in der er saß. 3. Reihe, Tisch 5; also Tisch-Nr.: 2.3.5

Vorsintflutliches System, dachte er für sich. In anderen Cafés und Bars hatten sie schon die elektronischen Bestellsysteme, in die direkt am Tisch die Getränke und Speisen eingegeben werden konnten. Von dort wird der Bon dann sofort an die Bar oder Küche weitergegeben und die Bestellung ausgelöst. Das geht viel schneller, spart Zeit, Getränke und Essen kommen schneller an den Tisch. Wahrscheinlich sind sie für die Investition zu geizig oder man macht das absichtlich so, um die Gäste zu ärgern und lange warten zu lassen. Dafür sind aber die Preise viel zu hoch ! Das Café liegt zentral, gleich beim Eingang zu einem Schloss mit Parkanlage. Bei schönem Wetter kommen viele Besucher, die dann automatisch hier Rast machen und verweilen. Da braucht man sich ja nicht mehr anstrengen, möchte man meinen.

„Ihren Salat, bitte.“
„Der hat ja Joghurtdressing!“
„So steht es in der Karte.“
„Ich möchte aber nur mit Essig und Öl!“

Wutentbrannt nahm ihn die Bedienung wieder mit und brachte einen neuen mit Essig und Öl. Gut so, dachte er, bei dieser Hitze kann man doch kein Joghurtdressing verkaufen. Das wird bestimmt schlecht und man bekommt Magenschmerzen davon.

„Zahlen bitte!“
„Das macht 19,80 Euro“, sagte die Bedienung.

19,80 Euro, das ist aber viel, dachte er, das sind fast 40 Mark, dann kommt auch noch das Essen falsch. Er gab 20 Euro hin.

„Oh, ich habe aber kein 20 Cent Stück mehr zum rausgeben!“

Wollte sie vielleicht damit andeuten, dass ich auf die 20 Cent verzichten sollte, dies als Trinkgeld geben? Auf keinen Fall, dachte er sich.

„Ich kann ihnen 30 Cent geben, dann können sie mir 50 Cent zurückgeben“.

„ So ein Idiot “, sagte sie zu sich.

Sie gab ihm die 50 Cent, er stand auf und wollte gehen.

Plötzlich kommt eine Frau auf ihn zu: „ Martin ? “ „ Karin ? “

Die Bedienung sagte zu ihrer Mutter, die sie im Kaffee besuchen wollte,
„ Kennst du den Mann, Mama ? “
„ Das erklär ich dir in Ruhe zu Hause .“ Der Gast eilte davon.
Später, daheim, ließ ihr die Tochter keine Ruhe.
„ Bitte, raus mit der Sprache, wer war der Mann im Kaffee ? “
„Ich wollte es dir schon die ganzen Jahre beichten.“
Dein Vater ist damals während der Schwangerschaft nicht einfach abgehauen,
sondern von der Familie quasi verstoßen worden.
Dein Vater arbeitete als Maurerlehrling bei deinem Opa,
so haben wir uns kennen gelernt.
Als ich dann schwanger wurde, verbot mir dein Opa den Umgang mit ihm,
da er sich als Nachfolger für seine Firma jemand „Studierten“ wünschte,
der einmal die Firma übernehmen sollte.
Dein Vater kam aus einfachen Verhältnissen und entsprach nicht den
Vorstellungen der Familie als künftigen Schwiegersohn.
Er ging dann weg, hat die Situation aber nie so recht verkraftet.
Er durfte dich auch nicht sehen, so dass im Dorf nicht getuschelt wird.
Fortan hieß es, dein Vater hätte mich sitzen lassen.
Ich war zu jung, um mich dagegen zu wehren,
habe dann später deinen Stiefvater geheiratet.
Wir haben uns danach nicht mehr gesehen.
„Anscheinend ist er jetzt so verbittert, dass er nun einen Groll gegen alle,
die scheinbar aus gutem Hause kommen, hegt.“
“ Sei ihm nicht böse“, sagte meine Mama zu mir, und nahm mich in den Arm.




Walter 23.09.2016 2.Version

Letzte Aktualisierung: 24.09.2016 - 13.18 Uhr
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