Wellensang
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Die Fantasy haben wir in dieser von Alisha Bionda und Michael Borlik herausgegebenen Anthologie beim Wort genommen. Vor allem fantasievoll sind die Geschichten.
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Superhelden | Oktober 2016
Hilfe
von Eva Fischer

Etwas hat sie geweckt. Der Wind heult und die Fensterläden scheppern. Esther schaut auf die Leuchtziffern ihres Weckers. 3 Uhr 17. Sie seufzt, als sie das leere Bett neben sich sieht. Warum muss Sven in einer anderen Stadt arbeiten und sie die Woche über mit ihren zwei Kindern allein lassen? Sven. Sie gibt dem Nachbarkissen stellvertretend einen Kuss und entscheidet sich zur Toilette zu gehen, obwohl sie sonst nachts nur aufsteht, wenn Paul weint.
Sie legt das Ohr an die Tür des Kinderzimmers. Alles ruhig. Die sechsjährige Mia macht in der Regel keine Probleme, aber sicher ist sicher. Sie schleicht zu ihrem Zimmer. Da hört sie ein Kratzen, das eindeutig von der unteren Etage kommt. Was ist das für ein Geräusch? Von einem Tier? Es hört sich so an, als ob ein Messer über Holz kratzt. Entsetzen packt sie, denn ihr wird bewusst, unten gibt es Diebe, die in ihr Haus eindringen wollen.
Die Kinder, fährt es ihr sofort durch den Kopf. Soll ich sie wecken und zu mir ins Bett nehmen und dann das Zimmer verschließen? Sie würden garantiert weinen und damit wäre nichts gewonnen. Sie merkt, wie sie vor Kälte schlottert, oder ist es die Angst? Ruhe bewahren, ermahnt sie sich. Sie muss die Polizei anrufen. 110. Das Handy liegt zum Glück griffbereit auf dem Nachttisch.

„Polizeistation Linnetal. Was kann ich für Sie tun?“
Es ist eine weibliche Stimme, was Esther aus unerfindlichen GrĂĽnden beruhigt.
„Es sind Einbrecher, die in mein Haus wollen“, haucht sie in den Hörer, räuspert sich und versucht es etwas lauter.
„Ich kann Sie schon hören“, versichert die Stimme.
„Sagen Sie mir, wie Sie heißen und wo Sie wohnen?“
„ Ich bin Esther Kohnen und wir wohnen auf dem Lerchenweg 12.“
„Sind Sie allein zu Hause?“
„Nein, meine Kinder schlafen nebenan.“
Esther spürt, wie sie ein Weinkrampf schüttelt, sucht dagegen anzukämpfen.
„Hören Sie, Frau Kohnen! Bitte, legen Sie nicht auf! Bleiben Sie am Apparat. Ein Polizeiwagen ist schon unterwegs, aber Sie sollten mir alles mitteilen, was sich in Ihrer Umgebung tut.“
„Da ist so ein Kratzgeräusch. Anfangs war es nur für einen Augenblick, aber jetzt hört es gar nicht mehr auf, wird immer lauter.“
„Und können Sie Stimmen hören oder sehen Sie ein Auto vor Ihrem Fenster?“
„Nein! Nichts, nur dieses ständige Kratzen und Knacken. Bald sind sie drin. Wann kommt endlich die Polizei?“
Sie spĂĽrt, wie ihre Stimme lauter und hysterisch wird.
„Frau Kohnen, beruhigen Sie sich! Die Polizei ist unterwegs. Erzählen Sie mir etwas über die Lage Ihres Hauses!“
„Das Haus liegt hinter Bäumen, ist leider von außen nicht einsehbar und auch schon ziemlich alt. Wir haben keine Jalousien am Terrassenfenster.“ Noch nicht, denkt sie wütend.
„Welches Baujahr?“, hakt die Stimme nach.
Esther ĂĽberlegt.
„Baujahr 1960, glaube ich.“
„Das ist ein sehr schönes Haus, ich kenne es. Heißen Ihre Nachbarn nicht Müller?“
„Wir sind erst vor kurzem hier eingezogen“, sagt Esther, „aber die Müllers kenne ich. Sie haben mir zum Umzug Salz und Brot gebracht. Voll nett.“
Jetzt plaudern wir über meine Nachbarn und wann kommt endlich Hilfe, denkt sie und geht ans Fenster, wo sie sieht, wie sich ein Wagen ohne Licht nähert. Erschreckt teilt sie es der Frau am anderen Ende mit.
„Das sind unsere Polizisten“, beruhigt sie die Stimme.
„Wir wollen doch nicht die Einbrecher warnen.“
Plötzlich ertönt ein ohrenbetäubender Knall.
„Was ist passiert?“, fragt die Stimme.
„Ich weiß nicht. Klingt wie ein Schuss.“
Esther fühlt erneut, wie Panik in ihr hochsteigt. Natürlich sind die Kinder jetzt wach geworden. Sie hört ihren Sohn weinen.
„Legen Sie nicht auf, bis die Polizisten da sind“, rät die Stimme.
Mit dem Handy am Ohr nimmt sie den zweijährigen Paul auf dem Arm.
Kurz darauf bemerkt sie, wie Mia aus ihrem Zimmer kommt.
Als sie ihren Bruder weinen sieht, beschlieĂźt sie auch einzustimmen.
„Sagen Sie ihren Kindern, wenn sie aufhören zu weinen, dürfen sie mit dem Polizeiwagen fahren!“

„Frau Kohnen?“
Vor ihr stehen zwei Polizisten. „Wachtmeister Schulze“, stellt sich der eine vor, was nicht nötig wäre, denn seine Uniform weist ihn eindeutig als Polizeibeamten aus.
„Jetzt können Sie auflegen und gute Nacht!“, verabschiedet sich die Stimme im Handy.
„Wie sind Sie hereingekommen? Haben Sie die Diebe erwischt?“ Esther ist beruhigt und nervös zugleich.
„Die Diebe haben vermutlich versucht mit dem Glasschneider ein Loch in das Terrassenfenster zu schneiden, was wohl nicht ganz geklappt hat. Nach dem Knall sind sie leider abgehauen.“
Was der Polizist bedauert, erleichtert Esther.
„Es ist eine Einbrecherbande aus Osteuropa. In Ihrer Nachbarschaft wurde in den letzten Wochen mehrfach eingebrochen. Wir hätten sie gerne auf frischer Tat erwischt.“, fügt der zweite Polizist hinzu, der nicht Schulze heißt und der in etwa in Esthers Alter ist.
„Wir fordern jetzt einen Hubschrauber an. Vielleicht bekommen wir sie noch zu fassen“, meint der Ältere.
„Im Dunklen?“, wundert sich Esther.
„Dunkelheit macht uns keine Probleme. Unsere Hubschrauber sind mit Infrarotkameras ausgestattet.“
Während Wachtmeister Schulze das Handy zückt, streicht der Jüngere Mia über das Haar.
„ Du bist aber ein braves und mutiges Mädchen. Wie alt bist du denn?“
Mia erwacht aus ihrer Starre, die die Uniformierten offenbar bei ihr ausgelöst haben.
„Mama hat gesagt, wir dürfen mit dem Polizeiwagen fahren, wenn wir brav sind.“
Esther schaut den Polizisten etwas verlegen an.
„Versprochen ist versprochen“, zwinkert er Esther zu.
„Wo soll es denn hingehen, young lady?“
„Zur Schule, aber mit Tatütata“, präzisiert Mia.
„Tatütata“, echot Paul.
“Du auch? Aber sicher nicht zur Schule, oder?“

2. Fassung

Letzte Aktualisierung: 10.10.2016 - 11.00 Uhr
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