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Superhelden | Oktober 2016
Jeder Helfer ist ein Held!
von Ingo Pietsch

Es brannte im Obergeschoss eines Reihenhauses. Noch sah es nicht so aus, als würden die Flammen auf die anliegenden Gebäude übergreifen.
Ein Kameramann hinter der Absperrung auf dem Bürgersteig schwenkte von dem brennenden Gebäude auf eine Reporterin: „Wir berichten hier live vor einem alten Wohnhaus in Brooklyn. Die Flammen schlagen meterhoch in den Himmel. Die beiden oberen Etagen sind vor Qualm kaum zu erkennen. Die Feuerwehr kämpft mit einem Großaufgebot gegen das Inferno.“
Die Rettungskräfte brachten hustende und in Decken gehüllte Anwohner zu den Rettungsfahrzeugen.
Das Licht flackerte, und der Strom fiel schließlich aus. Das Viertel versank im Dunkeln, nur durch das Feuer und die Warnleuchten der Rettungsfahrzeuge beleuchtet. Taschenlampen wurden gezückt.
„Es ist nicht auszuschließen, dass die Flammen auf benachbarte Häuser übergreifen.“ Die Worte der Reporterin wurden von einer Explosion untermalt, die Backsteine und Holztrümmer auf die Anwesenden vor und hinter der Absperrung herabregnen ließ. Glassplitter prasselten auf den Boden. Die Flammen hatten sich ihren Weg gebahnt, lechzten nach mehr Sauerstoff und wuchsen noch höher.
Der Kameramann zog seine hartnäckige Kollegin, die nicht weichen wollte, aus der Gefahrenzone. Er filmte mit verwackelten Bildern weiter.
Zwei Feuerwehrmänner am Ende einer Drehleiter kämpften mit einem armdicken Schlauch gegen die Flammen an. Der Wasserstrahl verpuffte förmlich.
Eine weitere Explosion ließ das Gebäude erzittern.
Die Druck- und Hitzewelle schleuderte das Podest zur Seite und die beiden Männer stürzten in die Tiefe.
Der Kameramann hielt die Luft an.
Ein bei dem schwachen Licht kaum erkennbarer Schemen jagte vor der Linse vorbei, rettete die Unglücksraben und setzte sie sicher auf dem Boden ab.
Ungläubig starrten sie ihr Gegenüber an. Er trug einen Schutzanzug genau wie sie selber in Schwarz-Gelb, doch war er aus einem anderen Material und wirkte wie aus einem Guss.
„Alles in Ordnung mit euch?“, fragte die durch eine Atemmaske gefilterte Stimme.
Beide sahen sich im verspiegelten Visier nicken.
„Ich muss weiter“, der Retter erhob sich wieder in die Luft.
„Hast du alles im Kasten?“, fragte die Reporterin aufgeregt.
Der Kameramann gab ein OK-Zeichen.
Die Reporterin straffte ihr Kostüm und trat wieder vor die Kamera. „Wieder hat er eingegriffen. In den letzten Wochen stand er den Rettungskräften tatkräftig zur Seite und hat unzählige Leben gerettet. Sein Wunderanzug leistet ihm dabei wertvolle Hilfe. Für alle, die noch nie von ihm gehört haben; man nennt ihn den Incredible Firefighter oder auch den Rescue-Man. Niemand weiß, wer er oder sie ist. Aber New York dankt ihm und allen anderen Helfern für ihre Arbeit.“
Eine Frau im Morgenmantel lief verstört an der Absperrung hin und her: „Mein Kind! Mein Kind ist noch in dem Haus.“
Sofort liefen einige Einsatzkräfte auf sie zu und stellten Fragen.
Sie zeigte nach oben, auf ein Stockwerk, das unter dem Brandherd lag. Eine Drehleiter wurde herumgeschwenkt und mehrere Feuerwehrmänner kletterten nach oben.
Der Firefighter hatte, um sich einen Überblick zu verschaffen, eine Runde über dem Inferno gedreht. Mit Hilfe von ausgeklügelten Sensoren machte er den Brandherd ausfindig: Das ganze Dach war mit Brandbeschleuniger übergossen worden. Obwohl die Flammen fast schon die ganze Teerpappe verschlungen hatten, konnte er eindeutig eine Schrift ausmachen, die mit dem Beschleuniger gegossen worden war: Ich kriege dich!
Am einfachsten wäre es, die Flammen mit einem Schwall Wasser von oben zu löschen. Der Firefighter sah sich während seines Fluges um und entdeckte einen Wasserturm auf dem Nebengebäude.
Der Hilferuf von unten ließ ihn in seiner Aktion inne halten. Wenn sich tatsächlich noch jemand in dem Haus aufhielt, musste er denjenigen erst herausholen, denn die Wassermassen könnten das Gebäude möglicherweise zum Einsturz bringen.
Feuerwehrmänner stürmten aus der Eingangstür: Das Treppenhaus war unpassierbar.
Auch die Rettungskräfte auf der Leiter kamen auch mit ihrer Schutzkleidung auf Grund der enormen Hitze nicht an die oberen Etagen.
Der Firefighter erkannte eine Wärmesignatur ein Stockwerk unter den Flammen. Er flog zu einem Fenster hinein und fand sich in einem Kinderzimmer wieder.
Er registrierte ansteigende Temperaturen. Es würde nicht mehr lange dauern und die Flammen würden sich durch die Decke fressen.
Die Wärmesignatur des vermissten Kindes befand sich direkt hinter der Tür eines Wandschranks.
Er öffnete sie und fand ein völlig verschrecktes Mädchen unter einem Wäscheberg, das seinen Teddybären fest umklammert hielt.
Er streckte ihm die Hand entgegen und sagte mit seiner metallisch klingenden Stimme: „Du musst mit mir mitkommen. Hier brennt gleich alles.“
Das Mädchen von neun oder zehn Jahren verkroch sich noch mehr in dem Schrank.
Der Firefighter atmete tief durch und nahm seinen Helm ab, um das Vertrauen des Mädchens zu gewinnen: „Du darfst aber niemandem verraten wer ich bin. Einverstanden?“
Er setzte den Helm wieder auf, als das Mädchen nickte und ihm entgegenkam. Er hüllte es in Laken ein und nahm es in seine Arme.
„Wir springen jetzt aus dem Fenster. Aber keine Angst, ich kann fliegen.“
Er wollte gerade zum Fenster zurück, als die Zimmerdecke absackte und ihm den Weg versperrte. Mit einem Mal stand alles in Flammen und es war unglaublich heiß. Die Luft flirrte. Er setzte das Mädchen ab, zog seine beiden Schaumpistolen und löschte das Nötigste. Dann stemmte er den qualmenden Balken zur Seite, schnappte sich das Mädchen wieder und sprang nach draußen in die frische Luft.
Das Mädchen schrie und hielt sich die Augen zu, bis sie unten angekommen waren.
Sie landeten auf dem Bürgersteig und der Firefighter übergab das Mädchen an seine Mutter und den Rettungskräften.
Er zeigte dem Mädchen noch den Zeigefinger auf seinen Lippen und hob auch schon wieder ab.
Jetzt galt es, den Wasserturm umzuwerfen. Mit Kraftverstärken in den Handschuhen bog er das Metallgestänge bis der Turm umkippte und das Feuer mit einer einzigen Welle löschte.
Die Gefahr war gebannt.
Ein Polizeifahrzeug kam herangerast und ein Detektiv riss die Tür auf.
„Hier geblieben! Firefighter oder Recue-Man oder wie immer du heißt. Du stehst außerhalb des Gesetzes. Gib dich zu erkennen!“
„Sie sollten sich was schämen. Er hat gerade meine Tochter gerettet!“, sagte die aufgebrachte Mutter.
Der Firefighter verabschiedete sich mit einem militärischen Gruß und rief nach unten, bevor er im Nachthimmel verschwand: „Gern geschehen! Und denkt alle immer alle daran: Jeder Helfer ist ein Held!“
Die Reporterin war auf den Detektiv aufmerksam geworden: „Warum glauben Sie, sollte der Firefighter sich zu erkennen geben?“
Der Detectiv entgegnete: „Er trägt eine Maske, also hat er was zu verbergen. Und wer sagt denn, dass er die Brände nicht selber legt, um im Rampenlicht zu stehen.“
„Wahrscheinlich sind Sie der einzige, der diese Meinung vertritt. Ich verabschiede mich hiermit und wünsche Ihnen noch eine gute Nacht. Und nochmals vielen Dank an alle Rettungskräfte und den Firefighter.“
Der Detektiv knirschte mit den Zähnen. Er hatte eine Hand in die Hosentasche gesteckt und spielte mit seinen Fingern an einem Sturmfeuerzeug.
Früher oder später kriege ich dich, dachte er.

Letzte Aktualisierung: 20.10.2016 - 08.36 Uhr
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