'paar Schoten - Geschichten aus'm Pott
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Superhelden | Oktober 2016
Weltfrieden
von Klaus Freise

Mit hochrotem Kopf stürzte Clint Westwood, der Chef des Secret Service, in die Überwachungszentrale des Weißen Hauses.
„Jetzt sagt mir bitte nicht, der Kerl ist hier einfach so reinspaziert, ohne dass Ihr ihn auf den Monitoren gesehen habt?“
Seine Stellvertreterin Cathy Price zuckte resigniert mit den Schultern.
„Ganz ehrlich, Clint, er war plötzlich im Vorzimmer des Präsidenten, aber unser Defenceteam hat ihn sofort umstellt. Der Präsident ist mit dem Rescueteam durch die Hintertür im Saferoom.“
Westwood sah mit zusammengekniffenen Augen auf die Monitore. „Was ist das denn für ein Freak? Hat er unter diesem Gewand einen Sprengstoffgürtel?“
„Nein, nein“, Price hob die Hände. „Er ist sauber, kein Sprengstoff, keine Waffen, nichts dergleichen.“
„Hat er irgendwelche Forderungen gestellt oder überhaupt was gesagt?“
Price machte eine Vergrößerung vom Gesicht des Verdächtigen.
„Naja, er will den Präsidenten sprechen, es geht um ein wichtiges Thema, sagt er.“
„Was für ein Thema?“ Westwood starrte auf das Gesicht des Mannes. „Irgendwo habe ich den schon mal gesehen.“
Price sah auch genauer hin. „Das Thema sei Weltfrieden. Stimmt, der sieht aus wie ...“
„Egal“, unterbrach Westwood sie, „holt ihn da raus, ich will mit ihm reden.“

Präsident Ronald Dump trommelte mit den Fingern auf die polierte Mahagoniplatte.
Vor ihm lagen die Fotos der Ãœberwachungskameras. Er hob eins vor sein Gesicht.
„Der Typ sieht doch aus wie so ein Taliban, und der ist sauber?“
Westwood nestelte an seiner Krawatte.
„Nun, Sir, wir dachten da eher an jemanden anderen. Kein Terrorist, Sir. Ich habe mit ihm gesprochen, allerdings hat er nur eine Bitte geäußert, Sir.“
Der Präsident sah ihn an.
„Ja und? Was will er denn?“
„Weltfrieden, Sir.“
„Na den will ich ja auch. Wollen wir doch alle. Sonst noch was? Wenn nicht, soll er sich verpissen. Westwood! Wenn Sie nochmal so einen Spinner hier reinlassen, schwöre ich Ihnen, lasse ich sie nach Disneyland versetzen.“ Die Speicheltröpfchen des Präsidenten hinterließen ein Muster auf dem Sakko von Westwood.
„Sir, bei allem Respekt, aber ich glaube es handelt sich um einen Mann mit tief religiösem Hintergrund. Nun wir glauben ... also, Sie erinnern sich doch noch an unseren Besuch in der Baptistchurch in Maryland. Es ging um die Gedenkfeier für die Hurrikanopfer und ...“
Präsident Ronald Dump lehnte sich in seinem Sessel zurück und blickte an Westwood vorbei, dabei murmelte er:
„Ja, es war eine schwere Stunde für Amerika. Eine Stunde der harten Prüfung. Wir, die Nation der wiedergeborenen Christen, haben ...“
„Ähem, verzeihen Sie, Sir, aber Sie erinnern sich vielleicht an die Figur am Kreuz und den Altarbildern. Der Sohn Gottes, Sir?“
Der Präsident starrte einen Moment auf das Foto.
„Ich dachte, ich bin Gottes ...“, dann sprang er auf und der Sessel stürzte um.
„Jesses, Sie meinen dieser Typ“, sein Finger patschte auf das Bild, „ist dieser Dings?“ Er schnippte mit den Fingern.
„Jesus von Nazareth. Also, zumindest sieht er so aus“, ergänzte Westwood. „Er möchte Ihnen nur die Hand schütteln und verschwindet auch gleich wieder. Wie Sie vielleicht wissen, steht der Glaube für alle Amerikaner an zweiter Stelle. Gleich nach den Baseballergebnissen.“
„Na Mensch, Westwood, Sie Idiot, warum haben Sie das nicht gleich gesagt? Also, die Fotografen her, aber schnell. Egal ob der Typ echt ist. Es ist Wahlkampf, die Stimmen von Millionen Amerikanern sind mir das wert.“ Weitere Speicheltröpfchen erweiterten das Muster an Westwood.

Nach einer Weile ertönte ein weltumspannendes Plopp.

Dreißig Sekunden nach dem plötzlichen Verschwinden des amerikanischen Präsidenten steht Igor Snazbotzki vor dem Kremelchef Rasputin.
„Genosse Präsident, verzeihen Sie die Störung, aber so etwas ist mir noch nicht vorgekommen. Draußen hat der Sicherheitsdienst einen recht seltsam gekleideten Mann festgesetzt. Ich würde Sie damit nicht behelligen, aber hier sind ein paar Bilder, Genosse.“
Präsident Rasputin beugte sich über die Fotos.
„Und was will der? Ist das einer unserer Mudschaheddin-Agenten? Oder so ein unterbezahlter Talibanchef, der jetzt Waffen von uns will?“
„Oh nein, Genosse. Er will Weltfrieden und einen Händedruck, dann verschwindet er auch wieder.“
Der Präsident tippte auf die Bilder.
„Irgendwo hab ich den schon mal gesehen, diese Ähnlichkeit ... sollte das etwa ...?“
Snazbotski nickte eifrig.
„Nicht wahr, Genosse Präsident, er sieht diesem Jesus doch sehr ähnlich?“
„Snazbotzki, sagen Sie mal, glauben Sie etwa, ich drücke so einem Laiendarsteller die Hand?“
„Genosse Präsident“, flüsterte Igor Snazbotzki plötzlich, „wichtig ist doch, was unser Volk glaubt. Gerade die älteren Menschen auf dem Land werden in Ihnen einen Heiligen sehen, wenn Sie ihnen wieder Hoffnung im Glauben geben. Sie, Genosse. Als Führer unserer Nation.“
„Hm, also ich weiß nicht, den Händedruck kann er ja haben, aber den Weltfrieden mache ich schon selbst.“
Dann wurden Fotografen positioniert und nun wuselte Präsident Rasputin um seinen Schreibtisch herum, ging ins Vorzimmer, streckte die Hand aus und...
...Plopp.

Letzte Aktualisierung: 20.10.2016 - 22.37 Uhr
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