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Superhelden | Oktober 2016
Besuch im Niemandtal
von Susanne Rzymbowski

Brimborn war sein Name und ich traf ihn auf meiner Rundfahrt im Niemandtal, das ganz in der NĂ€he von Gewaltig lag. Ich machte Ferien und wollte dem Klicktellern auf Galaktia entrinnen, diesem eintönigen Tastaturklappern der unzĂ€hligen Boardingmaps, welche nunmehr die einzige VerstĂ€ndigungsmöglichkeit auf Galaktia war. So hatte ich mich in diesen methusalemschen Ort verirrt, der noch ganz dem Urbild der Machmannen entsprach. Dunkle undurchsichtige WĂ€lder und grĂŒne Weiden sĂ€umten den Weg und nur vereinzelt standen Bauten, die nur selten bewohnt schienen am Rande der doch recht holprigen Strassen.

Niemandtal erinnerte mich an einen vergessenen Landstrich und hatte so rein gar nichts mit dem ĂŒberfĂŒllten und engen Raum aus Galaktia gemein. Von der Weite der FlĂ€chen war ich beeindruckt und gleichzeitig ließ sie mich auch ein wenig gruseln, da ich mir so verloren in ihr vorkam. Die damit verbundene Stille die von Niemandtal ausging ließ mich regelrecht erschaudern.
Nach langer Fahrt durch diese Unwirklichkeiten machte ich Halt an einem Gasthof, der nicht gerade einladend wirkte, denn die Fenster waren sehr klein, der Putz blÀtterte schon von den WÀnden und weit und breit war keine Beleuchtung auszumachen.
Ich Ă€rgerte mich ĂŒber meine Idee dieser Reise und konnte es insgeheim nicht mehr erwarten wieder in die lebendigen leuchtenden Straßen von Galaktia zurĂŒckzukehren.
Brimborn arbeitete in dieser SchĂ€nke, die anscheinend Herumtreibern aus Galaktia den Aufenthalt versĂŒssen sollte. Mir fiel sofort auf, dass er sehr behĂ€nde in seinen Bewegungen war und immer sofort zur Stelle, bevor man auch nur den Kopf heben und zu Klicktellern beginnen konnte.
Brimborn schĂ€nkte nicht etwa irgendwelche GetrĂ€nke aus oder reichte Gerichte – nein er hatte noch die FĂ€higkeit zu sprechen und war aufgrund seiner Stimme, die einen tiefen melodischen Klang besaß, bei den vereinzelten Einkehrern Ă€ußerst beliebt.
Brimborn verfĂŒgte ĂŒber eine krĂ€ftige Statur, die zuweilen tölpelig anmutete und sein langes wallendes Haarkleid, das sogar in BĂŒscheln aus seinem unmodischen Balastikum lugte, erinnerte an Gestalten, die ich in Galaktia auf großen LeinwĂ€nden im Machmannenmausuleum gesehen hatte.
Wie ich sofort in meinem Klicktel-Boardingmap erblickte, reisten anscheinend viele Galaktianer extra wegen Brimborn nach Niemandtal um gerade seiner Stimme zu lauschen. Sie hörte sich so ganz anders an als das sonore Summen auf Galaktia, das im Blitzlicht der Konsolen geklickert wurde und einzige VerstĂ€ndigung unter den Galaktianer war, da diese im Laufe der Jahre das Sprechen endgĂŒltig aus Galaktia verdrĂ€ngt hatte.
Auch ich hatte meine Stimme verloren und die FĂ€higkeit zu sprechen und so war auch ich zutiefst beeindruckt von Brimborns FĂ€higkeit des Redens, wie er dabei seine Zunge rollte, seine Lippen spitzte und seine tiefblauen Augen aufleuchteten, dass der ganze Raum von ihrem Licht erfĂŒllt war. Auch wurde der Raum sofort ganz warm von seinem Sprechen und ließ meine bleichen Wangen erröten.
Ich hatte so etwas noch nie gesehen und gehört, denn ich wurde zur BlĂŒtezeit des Klicktellerns in Galaktia geboren. Mein jetziger Versuch, alles was ich von Brimborn hörte und sah sofort einzuklickern, war, wie ich spĂ€ter feststellen musste, vergeblich.
Nur ein Schatten war auf meinem Klickteller zu erkennen – und keine Spur von Brimborn. Und seine Stimme war so tief, dass sie anscheinend nicht geklicktellert werden konnte.
So ergab es sich, dass ich auch am nÀchsten Tag Brimborns SchÀnke wieder aufsuchte, um seine Stimme zu hören, die mich mehr und mehr in Bann schlug.
Brimborn hatte die besondere Begabung nicht nur sprechen zu können, sondern auch richtige Worte zu finden, die selbst den mĂŒdesten Galaktianer an etwas Glauben zu machen schien. Seine Stimme und seine Reden vermochten es nĂ€mlich ein GefĂŒhl zu wecken, welches ich im klicktellernen Bilbabuch unter der Bezeichnung Hoffnung fand.
So kam es, dass ich blieb und meine gesamten Ferien in Brimborns SchÀnke verbrachte.
Von Tag zu Tag erschien es mir, als wĂŒrden sich meine Sinne schĂ€rfen. Nach ein paar Tagen fing ich heimlich an meine Lippen zu formen, meine Zunge zu rollen und brachte selbst erste Töne hervor, die jedoch noch etwas eigenartig und unbeholfen klangen.
Dennoch hatte ich mir nun in den Kopf gesetzt auch das Sprechen zu erlernen und diese mir noch recht unverstĂ€ndige Bezeichnung der Hoffnung mit Leben zu fĂŒllen.
Ohne es recht zu merken, fing ich an mich zu verÀndern.
Meine zuvor bleiche Haut bekam einen rosigen Schimmer und mein dĂŒnnes Haarkleid verdichtete sich. Ich klicktellerte immer weniger und begann stattdessen mich im Wald von Niemandtal herumzutreiben, um meine Lungen mit mehr Luft zu fĂŒllen.
So gelang es mir immer hĂ€ufiger mehr Atem fĂŒr meine ersten Töne zu gewinnen.
Nach einiger Zeit versuchte ich sogar einzelne Worte zu formen, die ich von Brimborn vernommen hatte und die in mir ganze Bilderfluten ausgelöst hatten.
Jeden Abend kehrte ich nun bei Brimborn ein und lauschte seinen ErzĂ€hlungen, der Melodie seiner Stimme, ganz hypnotisiert von der Leuchtkraft seiner Augen und der WĂ€rme seines Körpers, die den ganzen Raum ausfĂŒllte.
Das klicktellernde Galaktia rĂŒckte fĂŒr mich immer weiter in die Ferne.
Erst jetzt bemerkte ich auch andere Galaktianer, erkannte Gesichter, die völlig unterschiedlich aussahen, was mir zuvor nie aufgefallen war. Ich fing an ĂŒber sie nachzudenken, mir einzelne GesichtszĂŒge einzuprĂ€gen und entdeckte auf der so bleichen Haut eine Art von Falten, die eine Geschichte zu erzĂ€hlen schienen.
Auch Brimborn wurde von mir immer deutlicher wahrgenommen – seine Konturen, seine Bewegungen wurden mir irgendwie vertraut.
Nach einer guten Woche angestrengtesten Übens kamen mir endlich erste Worte ĂŒber die Lippen, die sich zu SĂ€tzen formten und ich war verblĂŒfft ĂŒber die Leichtigkeit und den Fluss meines Atems, der nun wie von selbst ganze Reden formte.
LĂ€chelnd betrat ich an diesem Abend die SchĂ€nke und begrĂŒĂŸte Brimborn mit den Worten: Hallo ich bin Dajane.
Brimborn war so erfreut, dass er mir seine großen HĂ€nde reichte: Das freut mich sehr. Wie geht es dir?
Und wie von selbst begann ich zu sprechen und fĂŒhrte mein erstes GesprĂ€ch. Ich war ĂŒberrascht von der WĂ€rme, die plötzlich meinen Körper erfĂŒllte und die damit verbundene Wohligkeit, die sich ĂŒbertrug und im ganzen Raum auszubreiten begann.
Meine sonst so bleiche Haut erstrahlte förmlich und der damit verbundene Glanz breitete sich aus, ĂŒbertrug sich selbst auf die ĂŒbrigen Galaktianer, die nun auch rosigere GesichtszĂŒge bekamen und ein LĂ€cheln umspielte dabei ihre und meine Lippen, so dass die SchĂ€nke erblĂŒhte in einem einzigen Farbenrausch, der das eintönige Grau aus Galaktia fĂŒr einen Moment vergessen machte und mit Freude und Hoffnung fĂŒllte.

Letzte Aktualisierung: 04.10.2016 - 19.57 Uhr
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