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Spiekeroogyssee

Kapitel 03 - ER

So, 31.05.2009, 7.30 Uhr (Pfingsten)

Schweißgebadet wachte er auf. Er fühlte sich, als hätte er stundenlang auf dem Feld von Bauer Ahlers gearbeitet. Dabei musste er da gleich erst hin. Der Sonntag war längst kein heiliger Tag mehr. Und Pfingsten sowieso nicht.

Er rieb sich ein paar wertvolle Tropfen Frischwasser in die Augen und zog sich an. Mürrisch ging er die Treppen runter.
»Moin Sven, was ist los mit dir? Hunger?«
Frau Jost sah ihn erwartungsvoll an. Er hatte keinen Hunger, aber er wusste, wenn er nichts aß, dann brach er nach spätestens zwei Stunden auf dem Feld zusammen. Und das konnte er sich genauso wenig leisten, wie seine Wirtin zu brüskieren. Er war froh, nach dem Tod seiner Eltern so schnell eine neue Bleibe gefunden zu haben. Manchmal war es gut, noch jung zu sein. Außerdem hatte er ein Engelgesicht, hatte seine Mutter immer gesagt. Ihm war das immer peinlich gewesen, als Mädchen ja, da konnte man ein Engelsgesicht haben, aber doch nicht als Junge. Aber jetzt war es sein Vorteil. Und er nutze ihn. Es ging ums Überleben.
»Ja, ich sterbe vor Hunger, Frau Jost. Was würde ich ohne Sie machen?« Er legte sein schönstes Engellächeln auf.
»Na, da kümm mal rinn in die jute Stube.«

Zum Frühstück gab es Muscheln in einer Grütze aus Strandhafer und Meeresalgen, eine Kost, an die er sich inzwischen so gewöhnt hatte, dass sie ihm sogar schmeckte. Anschließend beeilte er sich, aufs Feld zu kommen. Meinte er das nur, oder was es ruhiger als sonst auf der Insel?
Die anderen waren schon bei der Arbeit. Das Pferd zog einen Wagen über den sandigen Boden. Die Arbeiter liefen rechts und links nebenher und warfen Bündel von Stroh hinauf.
Alle waren still. Jedenfalls stiller als sonst. Sonst wurde gelacht, gesungen, erzählt ...

»Was ist los?«
Sein Kumpel Bernd sah in traurig an.
»Weißt du es denn noch nicht?«
Sven zuckte mit den Schultern.
»Er kommt wieder ...!«
»Wer kommt wieder?«
Einen Moment lang begriff er nicht. Doch dann las er die Antwort in Bernds Gesicht.
»Nein!«
Verschreckt durch seinen Aufschrei flogen die Vögel in alle Richtungen davon. Mit einem Mal war es noch ruhiger auf dem Feld. Die anderen Arbeiter kamen langsam näher heran.
»Nein, das dürfen sie nicht tun!«
Als er aufblickte, sah er das Mitleid in den Augen der anderen. Sein Blick blieb jedoch an dem einen Gesicht hängen, das seine Reaktion schadenfroh beobachtete.
»Es ist wegen der Flaschenpost. Der Ältestenrat denkt, dass ER der Einzige ist, der uns helfen kann, wenn es da draußen noch andere Überlebende gibt.«
Auch während Bernd sprach, konnte Sven den Blick nicht von Ralf lösen.
»Bist ja selber schuld! Hättest die Flaschenpost ja niemandem zeigen müssen.«
Die ganze Wut und Trauer über den Verlust seiner Eltern brach aus Sven heraus. »Du ... du ... du hast die ganze Zeit über unter einer Decke mit ihm gesteckt. Du weißt ganz genau, was er getan hat. Du mieser ...«
Hätten die anderen ihn nicht aufgehalten, er hätte sich zum ersten Mal seit Monaten geprügelt. Dabei war ihnen doch inzwischen klar, wie wichtig es für ihr Überleben war, friedlich zusammenzuleben und zu arbeiteten.
Leise vor sich hin kichernd legte Ralf seine Sense auf den Boden und ging zurück in Richtung Dorf. Wenn ER zurückkam, würde Ralf nicht mehr arbeiten müssen, das war allen klar.
Wie versteinert stand Sven auf dem Feld, beherrscht nur von einem Gedanken: Der Mörder seiner Eltern wurde wieder in die Gemeinschaft aufgenommen.

Drohend türmten sich Gewitterwolken am Horizont auf. Das Stroh musste rechtzeitig vor dem Unwetter in die Schuppen. Ansonsten hätten sie im kommenden Winter nicht genügend Futter und würden einen Teil ihrer wertvollen Tiere verlieren. Und so ging einer nach dem anderen zurück an seine Arbeit.

Bernd kam später zu ihm: »Das ist wirklich nicht fair. Aber der Ältestenrat sagt, dass er uns helfen und uns ans Festland bringen kann.«
Zornig fuhr Sven herum: »Und du glaubst wirklich, dass er das tun würde? Wir sind ihm doch völlig egal. Das Einzige, was für IHN zählt, ist die Macht über uns alle zu bekommen. Und was das bedeutet, haben die Ältesten wohl vergessen!«
Ohne Bernd die Gelegenheit zu geben, ihn aufzuhalten, stürmte er davon.

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