"Ich hab mich schon die ganze Woche auf diesen Termin heute gefreut", bekannte Bundesjugendministerin Kristina Schröder vor mehr als 1500 geladenen Gästen im Congress-Center auf der Frankfurter Buchmesse. Sie zeichnete die besten Bücher - unter denen zwei Comics sind - aus:
in der Kategorie Bilderbuch Stian Holes "Garmans Sommer" (Hanser)
in der Kategorie Kinderbuch Jean Regnauds (Autor), Èmile Bravos (Illustrator) und Michael Haus (Lettering) "Meine Mutter ist in Amerika und hat Buffalo Bill getroffen" (Carlsen)
in der Kategorie Jugendbuch Nadia Buddes "Such dir was aus aber beeil dich" (Fischer)
in der Kategorie Sachbuch Christian Nürnbergers "Mutige Menschen. Widerstand im Dritten Reich" (Gabriel)
Humorvoll dankte der überraschte Christian Nürnberger für die ihm überreichte "Momo": "Zuhause bei uns steht ein Regal, das heißt Platz der Ungerechtigkeiten. Da stehen sechs Pokale meiner Frau. Da kommt die Momo nun dazu und schüchtert die sechs anderen ein. Und das Regal wird umgetauft in Platz der relativen Ungerechtigkeiten."
Die Vorsitzende der Kritikerjury, Susanne Helene Becker, verteidigte auf die Frage von Moderator Marc Langebeck, warum nun Comics ausgezeichnet worden sind, die Entscheidung der Jury. Comics gehörten zum Lesestoff ganz normal dazu, gerade "Meine Mutter ist in Amerika und hat Buffalo Bill getroffen" sei eine sehr lange erzählerische Graphic Novel. Der Comic als ernstzunehmende Subgenre spiegele die Entwicklung im Genre Kinder-und Jugendbuchs wider.
Die aus sechs Jugendleseclubs bestehende Jugendjury entschied sich für
Suzanne Collins "Die Tribute von Panem" (Oetinger)
als bestes deutschsprachiges Jugendbuch. Die von Collins schon einmal vorbereitete Videodankesrede sorgte im Saal für Heiterkeit. Ungewöhnlich auch die Zusammenarbeit der beiden Übersetzer Sylke Hachmeister und Peter Klös: "Ich habe die Bis(s)-Bände übersetzt und hatte viel zu tun - da habe ich meinen Kollegen gebeten, der auch der Vater meiner Kinder ist." "Ich hatte gerad wenig zu tun, ja, die Zusamenarbeit war gut", meinte ihr Mann schmunzelnd.
Mit dem Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises wurde die Autorin Mirjam Pressler ausgezeichnet . In ihrer Laudatio forderte Roswitha Budeus-Budde Pressler auf, weiter so engagiert zu schreiben. Banale Heftchenliteratur in Buchform überschwemme den Markt. "Wie soll sich ein Leser, der Literatur sucht, in diesem Überangebot zurecht finden?", merkte Pressler kritisch an. DieZeit für das Jugendbuch dauert nun einmal nur vier, fünf jahre. Wir sollten schauen, dass sie nicht mit Trivialem vergeudet werden."
Kristina Schröder dankte den Juroren für die Arbeit des Sichtens. "Ich bin stolz darauf, dass wir seit mehr als 50 Jahren immer wieder Bücher auszeichnen, die außergewöhnlich sind und gegen den Strich gehen." Lesen führe zur Schwächung des Geistes, habe es zur Zeit Goethes geheißen, und insbesondere der "Werther" sei als verderblich fü die Jugend angesehen worden.
Die Jugendliteratur bekomme auch wirtschaftlich immer mehr Gewicht, sagte die Vorsitzende des Arbeitskreises für Jugendliteratur, Regina Pantos: 8 von 25 Bestsellern des Jahres 2009 stammten aus der Jugendliteratur. Sie beklagte die mangelnde Ausstattung an deutschen Schulen: Eine Bibliothek mit Standausrüstung und Personal sei immer noch nicht der Normalfall. Börsenvereinsvorsteher Gottfried Honnefelder demonstrierte anhand des Beispiels "Twilight", wie unterschiedlich der Lesergeschmack sein kann und zitierte Günter Kunert: "Wer nicht gerne Bücher liest, ich für mich ein blödes Biest." Was das Auditorium applaudierend ebenso sah.
Quelle: Börsenblatt online
Links zu dieser Meldung: www.boersenblatt.net
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