Madrigal für einen Mörder
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Ein Krimi muss nicht immer mit Erscheinen des Kommissars am Tatort beginnen. Dass es auch anders geht beweisen die Autoren mit ihren Kurzkrimis in diesem Buch.
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Bloß keine Schublade 03.01.2016
Zielgruppenmodelle sollen die Kundenansprache erleichtern. Doch gerade bei der Sachbuch-Beratung verlassen sich Buchhändler lieber auf ihr Bauchgefühl – oder auf Bewährtes.

Welches Sachbuch passt zu welchem Kunden? Es könnte so einfach sein – wüsste der Buchhändler auf Anhieb, was seinen Kunden bewegt und womit er sich begeis­tern lässt. Gesellschafts- und Zielgruppenmodelle wie die Sinus-Milieus versuchen, Menschen zu größeren Gruppen zusammenzufassen, nach ihren Befindlichkeiten und Einstellungen, nach ihren Werten und Lebenszielen sowie nach ihrem sozialen Hintergrund. Erstes Beispiel: Im Traditionellen Milieu lebt die Sicherheit und Ordnung liebende ältere Generation, die in der kleinbürgerlichen Welt verhaftet ist. Zweites Beispiel: Dem Sozialökologischen Milieu werden Menschen mit ausgeprägtem sozialen und ökologischen Gewissen zugeordnet, die "Bannerträger von Political Correctness". Die Website der Sinus Markt- und Sozialforschung GmbH lässt keinen Zweifel: "Mit den Sinus-Milieus versteht man, was die Menschen bewegt und wie sie bewegt werden können."

Seine ratsuchenden Kunden in die richtige Kategorie verorten und ratzfatz die passende Buchempfehlung aus dem Regal ziehen: So einfach kann es sich allerdings kein Buchhändler machen – auch nicht Josua Straß, Inhaber der Buchhandlung Straß und seit Kurzem auch der Familien-Buchhandlung Mäx?+?Moritz in Baden-Baden. "Ich muss mir Zeit nehmen zuzuhören, die Kompetenz haben, dann die Entscheidung des Kunden abwarten." Das sei natürlich nicht effizient im eigentlichen Sinn. "Aber wir wollen keine Wahrscheinlichkeiten, wir wollen, dass der Kunde das richtige Buch bekommt."
Gerade die passgenaue Sachbuchempfehlung ist aus seiner Sicht für Buchhändler "eine unglaublich gute Möglichkeit, Kompetenz zu demonstrieren" – oft werde man ja mit sehr vagen Wünschen konfrontiert. Vor allem mit einem nicht spe­ziell gewünschten Sachbuch könne man Kunden oft überraschen. Das lohnt sich: Die Kunden kommen wieder.
Im Weihnachtsgeschäft hat Straß gerade wieder besonders gern seine persönlichen Lieblings-Sachbücher verkauft, zusätzlich zu den Büchern, die von den Kunden ohnehin nachgefragt wurden. Zu seinem individuellen "Kanon der großartigen Sachbücher" gehörte 2014 zum Beispiel ein Buch über Street-Art, von dem er 60 Stück quasi nebenbei absetzte. 2015 war für ihn "Das Buch der legendären Panini-Bilder" (Riva) der "totale Hammer". Man ahnt, wie sich seine Begeisterung auf die Kunden überträgt. "Eine Buchhandlung ohne Sachbuch kann ich mir nicht vorstellen", so sein Fazit.

Jana Prescher ist seit 2008 Inhaberin der Buchhandlung ­Geschwister Scholl in der märkischen Kleinstadt Zossen; vor allem Stammkunden kommen in ihr Geschäft. Seminare zur Kundenansprache findet sie schon interessant, doch Kategorisierungen? "Ich kann meine Kunden nicht in Schubladen sortieren und sagen, der aktuelle Helmut-Schmidt-Titel ist für den oder den. Wir sprechen ganz viel mit unseren Kunden." Jedes Gespräch laufe anders ab und sei eine sensible Angelegenheit. Wenn die zweifache Mutter abends noch die Verlagsvorschauen durchsieht, kommen ihr oft zu bestimmten Büchern die "passenden" Kunden in den Sinn. Und bei so ­manchem Buch, das sie ins Regal einsortiert, fragt sie sich gespannt, wer es am Ende denn wohl kaufen wird.

Auch wenn viele sagen, Kunden seien nicht zu kategorisieren – Frank Förster von der Kurt-Tucholsky-Buchhandlung aus Rheinsberg denkt schon, dass "man seinen Blick hat" und sein Gegenüber insgeheim einordnet. Er gesteht gut gelaunt, auch mal danebenzuliegen und Überraschungen zu erleben.
Einen Großteil seines Umsatzes macht er ohnehin mit Touristen, die vor allem im Sommer in den 8?000-Einwohner-Ort geschwemmt werden. Dann verkauft Förster viel von Tucholsky und Fontane, viele Reiseführer und Bücher zur Geschichte Preußens. Standardempfehlungen, auch für seine Stammkunden, hat er keine. Pilzführer würden viel gekauft, aber auch der Bestseller "Darm mit Charme" (Ullstein). "Mein Anspruch ist es, dass der Kunde gut beraten wird, und dazu braucht es genügend Zeit. Gerade in einer Kleinstadt ist das wichtig – und hebt meiner Meinung nach auch die Lebensqualität." Vielleicht können mit den Sinus-Milieus oder auch den Limbic Types, einer neuropsychologischen Zielgruppensegmentierung etwa in "Abenteurer", "Hedonisten" oder "Harmoniser", sinnvolle und erhellende Typisierungen erreicht werden. Nur – wie kann es dann sein, dass Bücher wie »Darm mit Charme« quer durch die Republik, von allen Bevölkerungs- und Berufsgruppen gekauft werden, wie fast jeder Buchhändler erzählt? Reicht nicht einfach die Unterscheidung nach Geschlecht oder Alter?

Doch, finden die meisten. Und stellen vor allem bei Geschenken die naheliegenden Fragen: Für wen ist das Buch? Mann oder Frau, älter oder jünger? Was sind die Interessen, wie anspruchsvoll darf’s sein? Maria Mahnke von der gleichnamigen Buchhandlung in Verden meint lachend: "Es ist schon etwas klischeemäßig, wenn jemand ein Buch für einen Mann sucht und ich direkt die Politik­ecke ansteuere. Aber ich versuche immer, etwas Überraschendes zu finden."
Mahnke hat bei Libri bereits Vorträge über Kundenkategorien gehört – interessant sei das schon gewesen, aber für den Alltag viel zu theoretisch, so ihre Bilanz. "Die Daseinsberechtigung für Buchhändler ist doch", findet die 34-Jährige, "viel zu lesen und sich individuell auf die Kunden einzulassen." Ein paar "Allzweckwaffen" führt sie dennoch auf: Für Männer empfiehlt sie im Moment gern "Die verbotene Reise" von Peter Wensierski (Goldmann) und "Das Jahrhundert meines Vaters" von Geert Mak (Pantheon), für Frauen die Lindgren-Biografie bei der DVA.

Die meisten Sortimenter üben sich mit ihren Sachbuchtipps für Kunden in der Gratwanderung zwischen Überraschendem und Bewährtem. Wie Hans-B. Bessler, der eine traditionsreiche Buchhandlung in Worms führt – in Randlage, wie er betont, und mit einem eher konservativen, gut informierten Stammpublikum: "Zu uns kommt man mit Buchwunsch – anders als vor zehn Jahren, als viele einfach schauen wollten, was wir haben." Natürlich bemüht sich auch Bessler um interessante Alternativen. Aber wenn er seinen Kundinnen drei, vier Bücher zur Auswahl vorlegt, "landet man am Ende doch bei der Lindgren-Biografie".
Daneben gibt es die "Verlangbücher" wie – da ist es wieder – "Darm mit Charme". Empfohlen hat Bessler den Bestseller bislang nicht ein einziges Mal.


Quelle: Börsenblatt online

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www.boersenblatt.net

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